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Bekämpfung der Nager ist für den Abwasserverband "Untere Ohre" eine ständige Herausforderung Gift statt Flöte: Haldenslebens Rattenfänger

Von André Ziegenmeyer 30.01.2014, 02:21

Nicht alle Haldensleber haben nur zwei Beine. Im Untergrund der Stadt sind viele Zeitgenossen mit vier Pfoten und Nagezähnen unterwegs: Ratten. Für die Mitarbeiter des Abwasserverbandes "Untere Ohre" bilden sie eine ständige Herausforderung.

Haldensleben l Ratten übertragen nicht nur Krankheiten, mit ihren scharfen Zähnen sorgen sie auch für empfindliche Schäden. Denn wenn Ratten hungrig sind, stehen auch schon einmal Kabel auf dem Speiseplan.

Aus diesem Grund zählen die umtriebigen Nager zu den größten Problemen bei der Pflege von Kanalsystemen - nicht nur in Haldensleben, sondern überall. Der Abwasserverband "Untere Ohre" Haldensleben (AVH) beschäftigt deshalb fünf Mitarbeiter, die eigens für die Bekämpfung von Nagetieren ausgebildet wurden. 5000 Euro steckt der Verband jedes Jahr in ihre Weiterbildung und ihr Arbeitsmaterial.

Die Investition lohnt sich: Denn das Kanalnetz des AVH ist mehr als 200 Kilometer lang. Zwischendrin gibt es 69 Pumpwerke - eine Art Speicher, in dem Abwasser bei Bedarf "zwischengelagert" werden kann. Alle Pumpwerke haben Sonden, die den Füllstand messen - und dann und wann angenagt werden. "Eine Sonde kostet rund 300 Euro", erklärt Frank Teggatz, Leiter des Bereichs Anlagen beim AVH. "Wenn die Pumpen angefressen werden, liegt der Schaden bei mehreren Tausend Euro."

Aber das ist nicht alles. Bilden sich zum Beispiel in älteren Rohren kleine Löcher, werden sie von den Ratten erweitert. Anschließend wühlen sich die Nager hindurch - und schaufeln dabei Erde und Sand ins Innere des Kanals. Im schlimmsten Fall kann dadurch sogar der Fußweg absacken. "In der Warmsdorfer Straße ist das schon häufiger der Fall gewesen", sagt Frank Teggatz. Außerdem kann im Gegenzug Abwasser ins umgebende Erdreich gelangen.

Dann ist da noch der hygienische Aspekt: "Ratten übertragen Krankheiten von Fleckfieber bis Tollwut. Bei Gefahr ziehen sie sich nicht zurück, sondern greifen an", führt Frank Teggatz aus. Selbst eine tote Ratte würde er nie mit bloßer Hand anfassen. "Ein Handschuh ist das Mindeste. Zu Infektionen kann es aber auch über die Luft und anschließend über die Schleimhäute kommen." Alle Mitarbeiter des AHV sind deshalb gegen Hepatitis A und B geimpft. Außerdem müssen sie regelmäßig zum Betriebsarzt.

Aus all diesen Gründen versucht der AHV, die Ratten in Schach zu halten - und zwar auf unterschiedliche Weise. Den Klassiker bilden Köder, die im Kanalnetz ausgelegt werden. "Mittlerweile nehmen wir zunächst Köder ohne Gift. Erst, wenn sich bei einer Nachkontrolle Fraßspuren finden, kommt Rattengift zum Einsatz", so Frank Teggatz. "Das bedeutet für uns doppelte Arbeit. Aber es ist sicherer."

Bei der Platzierung der Köder reagieren die AVH-Mitarbeiter nicht nur auf Hinweise von Bürgern, die Ratten gesehen haben - sie gehen auch selbst auf die Suche.

Außerdem wird jedes Rohr mindestens alle acht bis zehn Jahre gründlich gespült. Darüber hinaus gibt es einen speziellen Roboter, der regelmäßig in den Kanälen unterwegs ist. Eigentlich prüft er dabei den Zustand der Rohre. Mit seiner Kamera filmt der Roboter aber auch eventuell vorhandene Ratten.

Nicht zuletzt bittet der AVH aber auch die Haldensleber Bürger um Mithilfe: "Essensreste gehören nicht in die Toilette - und auch nicht in größeren Mengen auf den Kompost", betont Frank Teggatz. Denn als Allesfresser seien Ratten keineswegs wählerisch.

Sichtungen der Nagetiere können überdies unter der Telefonnummer 03904/66806 beim Abwasserverband gemeldet werden.