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Magdeburger Verwaltungsgericht verhandelt Rechtsstreit gegen das Land Hohe Börde holt sich eine Million Euro zurück

14.11.2014, 01:19

Im Streit um die Rückforderung von einer Million Euro vom Land Sachsen-Anhalt hat die Gemeinde Hohe Börde Recht bekommen. Nach einer Verhandlung am Magdeburger Verwaltungsgericht hat das Land erklärt, den entsprechenden (Teil-)Widerruf aufzuheben. Andererseits hätte das Gericht eine Entscheidung zugunsten der Gemeinde gefällt.

HoheBörde (car) l Ursprung des Rechtsstreits waren in Aussicht gestellte Zuweisungen des Landes. Sie sollten im Zuge der jüngsten Kommunalreform allen freiwillig fusionsbereiten Einheitsgemeinden im Land als Starthilfe nach Gründung der Einheitsgemeinde bereit gestellt werden sollten. Ein Teil dieser angekündigten Zuweisungen, die auch als "Hochzeitsgeld" bezeichnet geworden sind, war als so genannte "nichtinvestive Zuweisung" deklariert und entsprechend der Finanzlage der neuen Gebietskörperschaften berechnet worden. Für die Hohe Börde lag diese in Höhe von insgesamt 1,533 Millionen Euro.

"Hochzeitsgeld" sollte Fehlbeträge ausgleichen

Mit dem "Hochzeitsgeld" sollte neu gebildeten Groß-Gemeinden, die mit Haushaltsfehlbeträgen der Mitgliedsortschaften aus den Jahren zuvor in die "Ehe Einheitsgemeinde" gestartet waren, finanziell auf die Sprünge geholfen werden. Der nichtinvestive Hochzeitsgeldanteil sollte Defizite aus Vorjahren zu 90 Prozent mindern.

Die Gemeinde hatte ihren Antrag auf diese Starthilfe im Januar 2010 gestellt. Erst im Oktober des darauffolgenden Jahres, also 22 Monate nach dem Antrag der Gemeinde, genehmigte das Land die 1,533 Millionen Euro. Und wollte Monate später mittels eines Teilwiderrufs eine gute Million wieder zurück haben.

"David hat gegen Goliath gewonnen, das ist für mich ein Beispiel eines intakten Rechtswesens in einem demokratischen Staat."

Anwalt Michael Moeskes

Die Begründung von Landesseite lautetet damals sinngemäß: Man habe aus der Zeitung erfahren, dass die Gemeinde mit dem 2011 überwiesenen Hochzeitsgeld in den Ortschaften der Gemeinde investieren wolle. Das Land argumentierte: Das widerspreche dem ursprünglichen Anliegen der nichtinvestiven Zuweisung, mit dem Geld die alten Fehlbeträge auszugleichen. Deshalb werde man nun nur noch die aktuellen Fehlbeträge ausgleichen - in Höhe von einer halben Million. Die übrige Million müsse ans Land zurücküberwiesen werden. Das hatte die Gemeinde getan und kämpfte nun vor dem Magdeburger Verwaltungsgericht um diese zurück überwiesene Million.

Mit Steuereinnahmen die Defizite verringert

Die Gemeinde argumentierte, hätte man die Zuweisung 2010 erhalten, wären damit auch die Fehlbeträge sofort ausgeglichen worden. Da man aber geschlagene 22 Monate auf die Zuweisung warten musste, nutzte man zum Ausgleich der Fehlbeträge andere, sich wider Erwarten ergebende, Geldquellen, nämlich inzwischen sprießende Steuereinnahmen. Und das im Vertrauen darauf, dass die nichtinvestiven Zuweisungen ja noch in Aussicht stünden. Zudem wirkten sich immense Sparmaßnahmen der Gemeinde bis 2011 positiv auf die Haushaltslage aus.

Als nun das Hochzeitsgeld endlich kam, nutzte die Gemeinde einen Teil dieses Geldes für Investitionen, für das sie bei früherer Zahlung des Hochzeitsgeldes die neuerlichen Steuereinnahmen genutzt hätte.

Land hatte Kenntnis von verbesserter Finanzlage

Die Richter am Magdeburger Verwaltungsgericht vollzogen diese Argumentation der Gemeinde während der Verhandlung nach und verwiesen mehrmals auf den Stichtag 1.Januar 2010, der zum Maßstab der Höhe der nichtinvestiven Zuweisungen gedient hatte. Und gleichzeitig eine Art Vertrauenserwartung bei der Gemeinde geweckt hätte.

Zudem habe das Land im Zuwendungsbescheid bereits schriftlich bestätigt, dass die Finanzlage der Gemeinde zwischenzeitlich eine bessere geworden sei. In Kenntnis der inzwischen verringerten Fehlbeträge habe das Land aber trotzdem den Zuwendungsbescheid zunächst in voller Höhe - also über 1,533 Millionen Euro - an die Gemeinde geschickt. Um von diesem Geld nur wenige Monate später eine Million Euro zurückzufordern. Aus welchem Anlass auch immer.

Beharrlicher Streit hat zum Erfolg geführt

Für die Bürgermeisterin der Hohen Börde, Steffi Trittel, ist der erfolgreiche Ausgang des Verfahrens ein "Erfolg des beharrlichen Streitens um unser Recht." Rechtsanwalt Michael Moeskes lobte die entschiedene Haltung des Gemeinderates und der Bürgermeisterin, "das Verfahren gegen eine scheinbar überlegene Gegenpartei, immerhin das große Land Sachsen-Anhalt, vor Gericht durchzufechten." Moeskes fügte an: "David hat gegen Goliath gewonnen, das ist für mich ein Beispiel eines intakten Rechtswesens in einem demokratischen Staat."