1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. Sie arbeiten, wenn andere fröhlich feiern

Viele Menschen schieben in der Silvesternacht und am Morgen danach Dienst, damit andere versorgt sind Sie arbeiten, wenn andere fröhlich feiern

Von Anett Roisch 02.01.2015, 02:30

Angestrengt arbeiten, wenn andere feucht-fröhlich feiern? Die Silvesternacht ist die beliebteste Partyzeit des Jahres. Viele Menschen können in der Nacht der Nächte nicht die Sektkorken knallen lassen. Köche, Kellnerinnen, Krankenschwestern, Milchfahrer ... sie alle haben Silvester gearbeitet, und einigen machte es sogar Spaß.

Flechtingen/Ostingersleben/Süplingen l Wer will schon gern Silvester in einer Klinik verbringen? Aber das können sich Patienten meist nicht aussuchen. Gerade in Krankenhäusern und in den Reha-Kliniken ist der Dienst an Feiertagen ganz normal. So ist das auch in den Median-Kliniken in Flechtingen. Bianka Damm, stellvertretende Pflegedienstleiterin, schaut auf den Arbeitsplan und sagt zufrieden: "Alle Dienste sind heute besetzt. Oft machen es die Kollegen unter sich aus, wer Weihnachten und wer Silvester arbeitet."

Für die ausgebildete Krankenschwester, die seit 1989 im Beruf tätig ist, gehört der Dienst an den Wochenenden und an den Feiertagen zum Job. "Die Familie muss schon mitspielen", weiß die stellvertretende Pflegedienstleiterin, die mit Leib und Seele seit 18 Jahren in den Median-Kliniken ihren Dienst ausübt. Die Patienten sollen sich zum größten Teil von neurologischen Erkrankungen, von Schlaganfällen, von Tumoren oder von schweren Operationen erholen und Schritt für Schritt wieder für den Alltag fit gemacht werden.

"Die Arbeiten, die Silvester erledigt werden müssen, sind die gleichen wie sonst auch. Die Patienten müssen versorgt und die Verordnungen ausgeführt werden. Nur der Besucherverkehr ist an Feiertagen größer als sonst. Und die Küche macht - wie Weihnachten auch - ein besonderes Büfett mit vielen Köstlichkeiten", schildert die Dienstleiterin.

Es gibt in der Klinik sogar eine Silvesterparty. "Alle, die mobil sind, sich gut fühlen und stabil sind, um die Party durchzustehen, sind eingeladen", erklärt Schwester Bianka.

Gut aufgehoben in der Klinik fühlt sich auch Günter Pinkert, der in Arnstedt zu Hause ist. Beim Blutdruckmessen nimmt sich Schwester Bianka auf der Bettkante Zeit für einen kleinen Plausch gegen die Einsamkeit. "Herr Pinkert, Sie haben schon große Fortschritte gemacht. Sie werden wieder Stück für Stück auf die Beine kommen", macht Schwester Bianka ihm Mut.

Unterwegs, damit die Milch frisch auf den Tisch kommt

24000 Liter Milch hat Gerd Strümpel aus Ostingersleben an Bord seines Tanklastzuges. "Ich fahre immer, egal, ob es regnet oder der Schnee fällt - Weihnachten und auch Silvester", sagt Strümpel, der die frisch gemolkene Milch der Kühe eines holländischen Viehwirts in Süplingen in den Tank laufen lässt. Seine Tour führt ihn in dieser Nacht zu einer Molkerei nach Stendal, nach Lüchow-Dannenberg und dann zum Milchwerk in Bad Fallingbostel. Wenn alles gut läuft, wird er gegen 4 Uhr zu Hause sein.

Schweißtreibende Arbeit am Silvesterabend - das trifft ganz sicher auf Gastwirt Michael Giemulla und sein Team zu. In der "Alten Schmiede" in Süplingen, wo eine Party zum Jahreswechsel mit über 80 Gästen steigt. Von Frust über einen stressigen 12-Stunden-Tag ist im ganzen Haus keine Spur zu entdecken. Im Gegenteil: "Heute Abend kommen unsere Stammgäste. Wir haben tolle Musik. Wir freuen uns drauf", bringt Restaurantfachfrau Sabrina Giemulla die Stimmung für die ganze Truppe auf den Punkt. Seit zehn Jahren ist sie in der Branche tätig.

Alle Zutaten für das Festessen stehen bereit. In der Gaststätte haben Sabrina Giemulla und Sandra Blum, Fachkraft für Gastgewerbe, bereits alle Tische festlich eingedeckt. "Wir sind voll im Zeitplan", stellt der Chef zufrieden fest. "Silvester arbeiten - das gehört einfach zu unserem Beruf", weiß er.

Seit 1995 hat Familie Giemulla die "Alte Schmiede" in ihren Händen. "2000 habe ich das Unternehmen von meiner Mutter übernommen. Ich werde die Familientradition weiter führen", sagt der gelernte Koch voller Zuversicht. Er und seine Frau wirken nun als die vierte Generation der Gastwirtsfamilie. Neu ist der zweite Gastraum, der schon zu Weihnachten gebührend eingeweiht wurde. Noch herrscht in der Küche die Ruhe vor dem Sturm. "Es gibt heute ein Vier-Gänge-Menü. Dazu wird alles selbst zubereitet", betont Giemulla und schneidet blitzschnell die Zwiebeln klein. Auch Sandra Blum hat keine Angst vor dem Marathon-Arbeitstag, an dem die meisten anderen Menschen ausgelassen feiern: "Warum denn auch? Silvester arbeiten - das macht doch Spaß!"