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Schüler des Förster-Gymnasiums besuchen Asylbewerber in Haldensleben Integration fängt im Kleinen an

Von Jens Kusian 08.04.2015, 03:13

Das Professor-Friedrich-Förster-Gymnasium Haldensleben möchte "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" werden. Ein Projekt, mit dem sich die Schule um den Titel bewirbt, ist der Besuch der Asylbewerber- unterkunft in der Hafenstraße.

Haldensleben l Eng ist es im Gemeinschaftsraum in der Asyl- unterkunft an der Haldensleber Hafenstraße. Wer keinen Sitzplatz am Tisch ergattert hat, der schaut den Sitzenden neugierig über die Schulter. Es wird viel gelacht und es wird viel geredet - auf deutsch, auf englisch und zur Not mit Händen und Füßen. Berührungsängste scheint es zwischen den Schülern aus der Klasse 8d des Förster-Gymnasiums und den überwiegend aus Eritrea stammenden jungen Männern nicht zu geben. Und falls es welche gegeben hatte, so sind die spätestens beim gemeinsamen Fußballspiel weggekickt worden.

"Nicht alle Schüler waren begeistert, die Asylbewerber hier zu besuchen", weiß Klassenlehrerin Marion Wandtke. Doch genau aus diesem Grund wurde das Vorhaben in die Tat umgesetzt. "Wir wollen persönliche Kontakte knüpfen, um Vorurteile einfach abzubauen", sagt sie. "Ich hatte es mir nicht so vorgestellt und gedacht, dass die Menschen hier noch schlimmer untergebracht sind", meint der 13-jährige Tarek nach einer Besichtigungsrunde durch die Unterkunft. Besonders die kahlen Wände seien ihm aufgefallen. "Darum haben wir auch ein paar Bilder mitgebracht", erzählt er. Die spartanische Einrichtung sei auch für die 14-jährige Joléne gewöhnungsbedürftig gewesen. Trotzdem fand sie den ersten Besuch im Asylbewerberheim "irgendwie cool". Wiederkommen würden die beiden Schüler gern noch einmal.

Wenn es nach Marion Wandtke geht, sollte dies kein Ding der Unmöglichkeit sein. "Unser Besuch hier ist ja nur ein Anfang. Eine engere Zusammenarbeit zwischen unseren Gymnasiasten und den Asylbewerbern ist durchaus vorstellbar", meint sie. Auf dieser Ebene könnte den Asylbewerbern auch die deutsche Sprache vermittelt werden. Und es wäre ein weiterer Schritt in Richtung des Titels "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage", den das Förster-Gymnasium anstrebt und schon ab dem nächsten Schuljahr tragen möchte.

"Der Ausgang dafür war das Friedensprojekt, an dem sich die Schule im vergangenen Jahr beteiligt hat", erklärt die Lehrerin. Mit ihrem Projekt "Friedensbotschafter 2014" hatten die Schüler bei der Aktion "Ideen machen Schule" von Volksstimme und psd-Bank einen Preis gewonnen. Ein ganzes Schuljahr lang beschäftigten sie sich mit Krieg und Frieden und kamen dabei auch mit Asylbewerbern in Kontakt.

Diesen Kontakt haben die Jugendlichen nun mit ihrem Besuch in der Unterkunft an der Hafenstraße weiter gepflegt. In Gruppen aufgeteilt, brachten sie den Asylbewerbern deutsche Osterbräuche näher, färbten und bemalten gemeinsam Ostereier, haben zusammen gebacken und ein eritreisches Nationalgericht gekocht und die Stadt Haldensleben vorgestellt.

Auch sind die Schüler nicht mit leeren Händen gekommen. "Wir haben alte Schulplaner und Stifte dabei, denn die Asylbewerber schreiben auf jedes Stück Papier, das sie finden", erzählt Marion Wandtke.