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Denkmal Ziegelei Hundisburg produziert für andere Denkmale / Beratung zum Einsatz der Materialien gehört dazu Mit Baustoffen der Vorfahren arbeiten

Von Marita Bullmann 21.05.2015, 03:12

In der Hundisburger Ziegelei werden nicht nur historische Baustoffe für denkmalgeschützte Objekte hergestellt. Bauhandwerker können hier auch die Verarbeitung erlernen. Und fachliche Anleitung ist ebenso auf der Baustelle möglich.

Hundisburg l Bauhandwerker aus dem Raum Helmstedt hatten sich in der Hundisburger Ziegelei zu einer Tagesschulung angemeldet, denn sie wollten mehr über die Verarbeitung von Hochbrandgips wissen. Die Bauleute brauchen dieses Fachwissen, um historische Baustoffe bei denkmalgeschützen Objekten richtig einsetzen zu können, erläutert Gerd Srocke. Er ist Architekt und Fachberater der Hundisburger Baustoffmanufaktur.

Nathusius habe hier um 1830 auch Hochbrandgips verarbeitet, weiß der Halberstädter. Der Gips wurde in Althaldensleben gebrannt, auf dem Schloss habe er dann Platten herstellen lassen. Der Gips wurde damals auch hier in der Region abgebaut. 1860 habe Nathusius die Gipsproduktion aufgegeben. "Aus wirtschaftlichen Zwängen", bekräftigt Gerd Srocke. Dann wurde nämlich immer mehr Zement verarbeitet.

Leider wurden in den zurückliegenden Jahrzehnten viel alte Bauwerke mit neuen Baumaterialien repariert, was teilweise auch zu Schäden führte, erklärt der Architekt. Deshalb werde heute wieder mehr nach Baumaterialien aus der Entstehungszeit der Bauwerke gesucht. Darauf hatte der Förderverein Technisches Denkmal Ziegelei Hundisburg gesetzt, als er vor etlichen Jahren die Produktion von Sumpfkalk und später von Hochbrandgips in Gang brachte. Heute ist die Baustoffmanufaktur in der Ziegelei ein gefragter Lieferant historischer Baustoffe, und mit dem Material wird auch die Beratung zur sachgemäßen Verarbeitung angeboten.

Gerd Srocke schloss 2001 Bekanntschaft mit der Hundisburger Ziegelei. Da musste der Architekt nämlich Schäden an einem Kirchturm im Raum Hettstedt beheben. Und dafür brauchte er Gipsmörtel. Nach einigem Suchen fand er das Material und das Fachwissen in Hundisburg. 2003 hat er den Hochbrandgips zum ersten Mal auch statisch tragend im Außenbereich eingesetzt, erinnert sich Gerd Srocke auch an die Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege. "Ein Top-Material", schwärmt er, "aber die Handwerker kommen damit nicht klar."

Für den Einsatz historischer Baumaterialien gibt es keine Ausbildung. So entstand eine immer engere Zusammenarbeit mit der Baustoffmanufaktur Hundisburg, seit zehn Jahren ist Gerd Srocke nun schon als Fachberater tätig. Als gelernter Maurer kennt er die Probleme auf den Baustellen genau. Er hat sich selbst viel angelesen, hat ausprobiert und mittlerweile viel Erfahrung gesammelt. Mehrmals im Jahr gibt er sein Wissen direkt in der Ziegelei an Interessenten weiter. Auf vielen Baustellen weist er die Handwerker ein.

Beim Rathaus von Lüneburg zum Beispiel hat er die Bauleute mehrere Stunden an Ort und Stelle geschult. Im Freilichtmuseum am Kiekeberg bei Harburg hat er fahrende Gesellen unterwiesen. Auf Bau-Messen erläutert er an Hand von Schautafeln und Materialproben die vielfältige Einsatzmöglichkeit. Gern erinnert er sich dabei an die Zusammenarbeit mit dem inzwischen verstorbenen Rainer Schulze. Ein Stand auf einer Messe in Salzburg, zu der auch Gipsplatten präsentiert wurden, habe beispielsweise sofort einen Auftrag über zwei Tonnen Gips für einen Auftraggeber in der Schweiz gebracht.

Finnische Unternehmen kaufen auch häufig in Hundisburg ein, freut sich Gerd Srocke. Und ein besonderes "Aushängeschild" ist nach wie vor die Arbeit für das neue Museum in Berlin. Auch die Büste der Nofretete steht auf Fußboden aus Hundisburger Gips.