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Dr. Helmut Mewes beschreibt einen Teilsieg der Bürgerinitiative gegen den Windpark Wegenstedt: "Gemeinden dürfen aus Gründen des Naturschutzes wieder klagen"

Von Anett Roisch 24.02.2011, 17:53

Bei der 40. Andacht zur "Bewahrung der Schöpfung" begrüßte Pastorin Irene Heinecke mehr als 20 Gäste. Vor drei Jahren begannen die Zusammenkünfte, die vor allem den Windparkgegnern als Möglichkeit zum Gedankenaustausch und in Krisenzeiten zur moralischen Unterstützung dienten. Auch beim jüngsten Treffen zündeten alle Anwesenden zum Gebet Teelichter an, welche zusammen ein leuchtendes Kreuz bildeten.

Wegenstedt. Wie gewohnt wurde am Montagabend bei der Andacht zur "Bewahrung der Schöpfung" im Wegenstedter Pfarrhaus gebetet und die Schönheit der Schöpfung besungen.

Mehr als 20 Gäste aus Kathendorf, Mannhausen, Velsdorf, Grauingen, Flechtingen und Wegenstedt saßen in der Runde beieinander. "Es ist die 40. Andacht. Und ein Ende ist wohl noch nicht abzusehen", meinte Pastorin Irene Heinecke und fragte nach der Andacht Dr. Helmut Mewes, den Sprecher der Bürgerinitiative gegen die Errichtung des Windparks, nach dem aktuellen Stand der Dinge. "Ich will uns heute Mut machen, denn wir haben nämlich 2010 schon einen Teilsieg errungen. Das Obere Verwaltungsgericht hat befunden, dass Gemeinden in Sachen Naturschutz klagen können. Das ist neu für Sachsen-Anhalt. Und das ist mit unser Verdienst", sagte Mewes und beschrieb: "Vorher waren wir völlig ohnmächtig. Aber jetzt kommen wir unserem Ziel ein Stück näher."

Der Sprecher der Bürger- initiative schilderte noch einmal, was in den letzten sieben Jahren beim Widerstand gegen die Windkraftanlagen geschehen war. Höhen und Tiefen erlebten die Gegner des Windparks, und immer wieder trafen sie sich im Pfarrhaus oder in der Kirche, um Ideen ihres Protestes wie die Demonstration, die im Januar 2010 stattfand, zu verwirklichen. Mehr als 100 Frauen, Männer und Kinder gingen damals auf die Straße, um lautstark ihren Unwillen gegen den geplanten Windpark zu bekunden. Sie unterstützten mit ihrer Aktion die Klage des Wegenstedter Gemeinderats gegen den Windpark, die er noch am 31. Dezember 2009 beschlossen hatte.

Erst kurz zuvor hatte das Landesverwaltungsamt Mitte die Genehmigung für die Errichtung von Windenergieanlagen im Drömling erteilt. Mit der am 1. Januar 2010 in Kraft getretenen Gemeindestrukturreform hat Wegenstedt seine politische Eigenständigkeit verloren und wurde Teil der neuen Mitgliedsgemeinde Calvörde. Deren Gemeinderäte solidarisierten sich mit den Wegenstedtern und beschlossen am 4. März, die Klage gegen den Windpark aufrechtzuerhalten. Damit wurde eine Aufschiebung des Baubeginns für den Park erreicht, wogegen die Betreiberfirma klagte.

Das Verwaltungsgericht bestätigte jedoch die aufschiebende Wirkung der Klage, woraufhin die Betreiberfirma Beschwerde einlegte. Diese wurde jedoch vom Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt am 19. Juli zurückgewiesen, das Urteil des Verwaltungsgerichtes wurde als "unanfechtbar" bestätigt.

Die Gemeinde Calvörde war bei diesen Prozessen nur beigeordnet. Nach der Akteneinsicht haben die Richter beider Instanzen im Genehmigungsverfahren gravierende Mängel gefunden", sagte Mewes und ergänzte: "Entscheidend ist aber die in diesem Zusammenhang gefundene Rechtsprechung, dass auch in Sachsen-Anhalt künftig eine Gemeinde aus Gründen des Naturschutzes wieder klagen darf. Darauf aufbauend, hat jetzt unser Rechtsanwalt neben juristischen Mängeln im Genehmigungsverfahren die Klage begründet. Die Erfolgsansichten haben sich entsprechend verbessert. Unsere Beharrlichkeit hat sich bis jetzt bezahlt gemacht."