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Diskussion um Abschaltung öffentlicher Straßenlampen Dorfvertreter: "Hier wird an falschem Ort gespart"

Von Carina Bosse 10.03.2012, 05:18

Ist es wirklich sinnvoll, die Straßenbeleuchtung nachts abzuschalten, um die öffentliche Kasse zu entlasten? In der Einheitsgemeinde erhitzen sich die Gemüter auch weiter an dieser Frage, obwohl der Stadtrat schon entschieden hat.

Oebisfelde-Weferlingen l Der umstrittene Stadtratsbeschluss vom Februar, die Straßenlampen in der Stadt Oebisfelde-Weferlingen zwischen Mitternacht und vier Uhr abzuschalten, erhitzt vor Ort die Gemüter.

Während einigen wenigen Bürgern dieser Spar-Beschluss gar nicht weit genug gehen kann, empfinden die weitaus meisten Bürger diese Entscheidung als einen Schritt in die falsche Richtung. Straßenzustände, Rettungsdienste, Schicht- und Nachtdienst sowie die Befürchtung, Straftaten wie Einbrüchen Vorschub zu leisten, bewegen die Menschen bei ihren Überlegungen.

Mit der Dorferneuerung bereits ins Sparen investiert

Everingens Ortsbürgermeister Gerd Schütte hält die Entscheidung für "blinden Aktionismus". Hier werde an der falschen Stelle gespart, ist der Everinger überzeugt. Mit der Dorferneuerung hat sein Dorf vor rund zehn Jahren in neue Technik auch für die Straßenlampen investiert.

Nachts leuchten sie ohnehin nur noch an relevanten Stellen wie in Kurvenbereichen oder am Feuerwehrhaus. Dass die nun auch noch alle ausgeschaltet werden sollen, leuchtet Gerd Schütte nicht ein. "Wir haben aus sicherheitstechnischen Gründen genau überlegt, wo nachts öffentliche Lampen in Betrieb sein sollten. Das ist mit der Entscheidung alles hinfällig", ärgert sich der Ortsbürgermeister. Für ihn sei das der falsche Weg: "Eine Lösung zum Nulltarif gibt es nicht." Für ihn gebe es aber andere Einsparpotenziale. "Brauchen wir in der Stadt Oebisfelde-Weferlingen wirklich drei Bibliotheken mit einem Zuschussbedarf von 84000 Euro?", wirft er einen möglichen Punkt in die Spardiskussion ein. Es gebe nicht umsonst eine große Stadt- und Kreisbibliothek in Haldensleben und heutzutage viele Möglichkeiten, diese zu nutzen, ohne direkt vor Ort sein zu müssen.

Die Abschaltung geht zu Lasten der Sicherheit

Ob die Entscheidung wirklich richtig durchdacht sei, bezweifelt Sandra Luthe, Ortsbürgermeisterin in Schwanefeld. Über die Entscheidung im Stadtrat hat sie ihren Ortschaftsrat informiert. Doch vorstellen können es sich die wenigsten. "Hat die Stadt sich eigentlich mal Gedanken darüber gemacht, was passiert, wenn sich jemand die Beine bricht?", fragt sie. Und wer zu einer Feier im Ort unterwegs ist, der sei nicht schon um Mitternacht wieder zu Hause, der Nachhauseweg falle praktisch genau in die Dunkel-Zeit hinein.

Oder was passiert, wenn Autofahrer Feldwege nutzen, die oft ja noch als Straßen dienen und ihr Auto kaputtfahren, weil sie in der Dunkelheit ein Schlagloch nicht sehen konnten? Diese fragwürdige Einsparung "geht zu Lasten der Sicherheit", ist Sandra Luthe überzeugt, dass sparen an dieser Stelle unverantwortlich sei.

Das Thema könne gar nicht gleichberechtigt für alle gehändelt werden, schränkt sie ein, denn wenn sie an Oebisfelde und Weferlingen denkt, gibt es dort gewerbliche Einrichtungen wie Tankstellen, Betriebsgelände und Einkaufsstätten, die nachts eine Notbeleuchtung vorhalten müssen und wollen. So dunkel wie auf dem Land könne es in den größeren Orten also gar nicht werden.

Wenigstens eine Notbeleuchtung, zum Beispiel über Bewegungsmelder an öffentlichen Gebäuden wie Kirchen, Feuerwehrhäusern und Bushaltestellen, müsse auch und gerade in den kleineren Ortschaften vorhanden sein.

Wer nachts unterweg sein muss, ist Leidtragender

Auch im Hörsinger Ortschaftsrat spielte das Thema ein Rolle. Dort sei an den Kreis- und Landesstraßen zwischen 21 und 5 Uhr ohnehin nur noch jede zweite Lampe an, sagt Ortsbürgermeister Peter Schorlemmer. In den übrigen Anliegerstraßen stehen die Lampen weiter auseinander. Die Beleuchtung vier Stunden in der Nacht komplett auszuschalten, hält der Ortsrat für eine nicht vertretbare Lösung. Zeitungsausträger, Notdienste und Schichtarbeiter seien vor allem die Leidtragenden. Ein möglicher Weg zum langfristigen und sicheren Sparen stellt für die Hörsinger Räte bei Neubaumaßnahmen der Einbau von Energiesparlampen dar.

"Unsere Nachbarn schalten nachts jede zweite Lampe ab. Das geht bei uns gar nicht angesichts des Zustandes einiger unserer Straßen", sagt Kerstin Dörfel aus Klinze. Dann könne man gleich darauf warten, dass auf öffentlichen Gelände einer stürzt und sich die Knochen bricht. Aber was dann? Welche Versicherung kommt dafür auf, wenn nachgewiesen werde, dass die Stadt die Lampen ausschalten ließ, denkt die Stadträtin zum Beispiel an die Zeitungszusteller, die jeden Morgen früh unterwegs sind.