1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Havelberg
  6. >
  7. Mit Absicht schlechte Noten bekommen

Erzieherin Ilona Goroncek verabschiedete sich in den Ruhestand / Sie erinnert sich noch gut an ihre Schulzeit: Mit Absicht schlechte Noten bekommen

Von Wolfgang Masur 17.01.2011, 04:27

Ilona Goroncek hat sich am vergangenen Freitag aus dem Arbeitsleben verabschiedet. 37 Jahre lang war sie als Erzieherin in der Havelberger Kindertagesstätte "Regenbogen" tätig.

Havelberg. Als Ilona Goroncek 1973 an der heutigen integrativen Kita "Regenbogen" als Betreuerin anfing, ahnte sie selbst wohl am wenigsten, dass sie mit der Einrichtung im Franz-Mehring-Viertel ihre Lebensaufgabe gefunden hatte. Unzählige Kinder nahm Ilona Goroncek in die Obhut und begleitete sie auf einem wichtigen Stück ihres Lebens. Nach fast 40 Jahren ging die Kindererzieherin nun in die Altersteilzeit.

Ein emotionaler Abschied, der aber nicht das Ende der Verbundenheit mit dem "Regenbogen" bedeutet. Eigentlich hatte sich Ilona Goroncek einen Abschied in aller Stille gewünscht. Aber dann waren sie alle da. "Ihre" Kinder, die Kollegen und als Vertreter der Stadtverwaltung die Gleichstellungsbeauftragte Sigrid Wiedenhöft und Hauptamtsleiter Hannes Warnstedt. Mit der Übergabe eines Präsentes von allen Kollegen und einer Umarmung bedankte und verabschiedete sich die Leiterin der Einrichtung Heidi Lähns. Kinder und Erzieherinnen sangen viele Abschiedslieder für Ilona Goroncek, die den Tränen nahe war. Erika Lenski verlas noch ein selbst geschriebenes Gedicht für die scheidende Kollegin.

Nach dem ganzen Abschiedstrubel war dann etwas Zeit, die fast 40 Jahre Revue passieren zu lassen: Die heute 58-jährige Ilona Goroncek kam 1972 aus dem sächsischen Löbau in die Domstadt Havelberg. "Ich absolvierte in meinem Heimatort einen Facharbeiterabschluss in der Textilindustrie, hatte aber schon immer den Wunsch, Erzieherin zu werden", blickte sie zurück. Zunächst machte Ilona Goroncek aber ihren Abschluss der 10. Klasse an der Volkshochschule nach. Eine lustige Geschichte, denn die 10. Klasse hätte sie auch an ihrer damaligen Schule erreichen können. "Ich habe mit Absicht schlechte Noten erwirkt, zum Beispiel in Russisch von Note eins auf drei, um die Schule verlassen zu können. Ich musste nämlich die Kleidung von meinen älteren drei Geschwistern auftragen, und das gefiel mir gar nicht. Mein eigenes Geld wollte ich verdienen und mir davon meine eigenen Sachen kaufen."

Den Gedanken Erzieherin zu werden, hatte Ilona Goroncek auch einmal verworfen, denn sie ist im Sternzeichen "Angsthase" geboren. "Man hatte mir erzählt, dass ich als Krippenerzieherin auch Kindern eine Spritze geben muss. Und das hätte ich nicht gekonnt." Am 12. November 1973 – Edith Moderzinske und Birte Buchheiser waren damals als Leiterinnen tätig – fing Ilona Goroncek aber als Schwangerenvertretung in der früheren Kinderkombination (Ki-Ko) an zu arbeiten. "Zehn Kindergarten-Gruppen mit insgesamt 180 Kindern und weitere 90 Kinder, die in dem Krippenbereich betreut wurden, gehörten zur Einrichtung. 1995 war die Ki-Ko noch aufgeteilt in den Kindergarten ,Pusteblume‘ und die Krippe ,Regenbogen‘. Damals war auch noch die Havelberger GB-Schule mit in dem weitläufigen Gebäude untergebracht", erinnert sie sich. Nach einer dreijährigen Ausbildung zur Krippenerzieherin war sie etwa 20 Jahre im Krippenbereich und dann im Kindergarten der Einrichtung beschäftigt. Nach der Wende erfolgte noch eine Umschulung zur Erzieherin. "Vielen von meinen ersten Kindern, die ich einst betreute, begegne ich heute als erwachsene Menschen, die jetzt schon wieder ihre Kinder in den ,Regenbogen‘ bringen, und dann werden doch Erinnerungen wach", freute sich Ilona Goroncek.

Zu den ersten Kindern, die 1973 im Haus waren, gehörte damals auch Manuela Möbius. Sie arbeitet jetzt in der Küche des "Regenbogens" und war Ilona Goroncek beim Fertigen des Abschiedsessens für die Kollegen behilflich. "Ich habe hier mit den Kindern und mit meinen Kollegen viele schöne Stunden verbracht. Dafür danke ich allen. Jetzt fängt für mich ein anderes Leben an und ich hoffe, dass ich glücklich werde. Der Einrichtung kehre ich nicht ganz den Rücken, aber ich freue mich nun zum Beispiel darauf, meinem Hobby, der Gartenarbeit, nachgehen zu können", sagte sie.