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Vier Freundinnen erinnern sich an ihre Lehrzeit in den sechziger Jahren im Havelberger Krankenhaus Stolz auf die erste Schwesterntracht

Von Wolfgang Masur 13.09.2014, 01:15

Die Bauarbeiten am Havelberger KMG-Klinikum gehen dem Ende entgegen. Das Vorhaben umfasst die Sanierung und Erweiterung des Hauptbettenhauses sowie die Integration eines Gesundheitszentrums in den alten Komplex. Vergangenheit gerät in Vergessenheit. Die Volksstimme blickt auf die 1960-er Jahre zurück.

Havelberg l Im Jahr 1966 begannen im Havelberger Kreiskrankenhaus die Lehrlinge Hannelore Rutz (heute Meier-Stettin), Karla Gothan (heute Köpke), Helga Schatz (heute Masur) und Ursula Berger (heute Müller) ihre Ausbildung zur Krankenschwester. Die Freundschaft der damals vier jungen Mädchen hält bis heute und ist unverwüstlich. Regelmäßige Treffen, Ausflüge und das Schwelgen in Erinnerungen tragen wesentlich dazu bei.

Das Krankenhaus haben die Freundinnen nach ihrem Ausbildungsabschluss zu verschiedenen Zeiten verlassen, aber ihre schönsten Jahre in dem Haus vergessen sie nicht.

Karla Köpke wurde 1978 Gemeindeschwester in Schollene und wechselte 1994 in einen privaten Pflegedienst. Hannelore Meier war als Einzige bis zum Erreichen des Rentenalters im Krankenhaus tätig und stand bis 2007 überwiegend als Schwester mit am OP-Tisch.

Helga Masur verließ 1979 das Krankenhaus und ging in die Kindererziehung.

Ursula Müller wurde 1981 Gemeindeschwester in ihrem Heimatort Scharlibbe und schlug zehn Jahre später den Weg in die Altenpflege ein. Sie nahm eine Tätigkeit im Caritas-Altenpflegeheim St. Marien in Sandau auf. Die von ihren Freundinnen Uschi genannte Scharlibberin erzählt: Mein Wunschtraum ging am 1. September 1966 mit dem Beginn der Lehrausbildung zur Krankenschwester in Erfüllung. Da ich bis zum 15. Lebensjahr bereits dreimal in verschiedenen Krankenhäusern behandelt werden musste, reifte in mir der Entschluss, selbst Krankenschwester zu werden. Ich stellte es mir wunderbar vor, in so einer schönen weißen Schwesterntracht mit einer Haube auf dem Kopf zu arbeiten. Und ich wusste auch genau, dass ich besser werden wollte als einige der Schwestern, die ich bis dahin kennengelernt hatte. Beim Abschluss des Lehrvertrages im Winterhalbjahr hatten wir vier Auszubildenden uns schon einmal kurz kennengelernt. Jeweils zu zweit kannten wir uns aber schon lange, weil wir die gleiche Schule besuchten. Doch nun sollte eine Freundschaft entstehen, die nun schon so viele Jahre Bestand hat.

Mit Tasche und Federbett im Bus nach Havelberg

Am 1. September mussten wir in der Medizinischen Fachschule in Tangermünde erscheinen. Dort wurden wir feierlich immatrikuliert und bekamen unsere erste Schwesterntracht: ein blaues Kleid mit einknöpfbarem weißem Kragen, eine weiße Schürze und eine unförmige Beutelhaube, die keine Ähnlichkeit mit den stolzen, steifen Sieben-Falten-Haube der "Vollschwestern" hatte. Trotzdem fuhr ich voller Stolz mit diesen Schätzen nach Hause und probierte sie sogleich an. Natürlich passte kein Stück. Das Kleid und die Schürze waren viel zu lang und mussten schnellstens gekürzt werden, denn am nächsten Tag war die Praxiseinführung im Krankenhaus. Mein Opa war so stolz auf mich, denn der Beruf einer Krankenschwester war für ihn etwas ganz besonderes. Er bewunderte mich in meiner Tracht, was mir sehr gut tat. Am nächsten Morgen fuhren meine Mutti und ich mit einer großen Reisetasche und einem in eine Decke gewickelten Federbett mit dem Bus nach Havelberg. Dort trafen wir uns alle vier und jeder hatte dasselbe Gepäck und seine Mutter dabei.

Der Ernst des Berufslebens begann. Wir wurden durch das Krankenhaus geführt und landeten erst einmal beim Chef, Dr. Werner Krätzig, der uns untersuchte, ob wir überhaupt für die Arbeit tauglich sind. Die erste Peinlichkeit war das Entkleiden, die zweite das Gummiband, das den Unterrock kürzer machte, und die dritte, dass wir angeblich viel zu dünn waren! Dann hörten wir zum ersten Mal etwas über Sterilität und Krankenhaushygiene und wurden weitergeschickt.

Nach einem Gespräch mit dem Verwaltungsleiter Gerhard Graupner und Oberschwester Edith Oesen bekamen wir unser Zuhause für die nächsten drei Jahre gezeigt: ein großes Zimmer mit vier Klappbetten, vier Stühlen, einem Tisch und zwei Kleiderschränken.

Acht Personen teilten sich das Badezimmer

In einem zweiten Zimmer standen auf Hockern vier Waschschüsseln. Ich kann mich noch gut erinnern, wie verschämt wir uns am ersten Abend gewaschen haben. Es gab auch ein richtiges Bad in der Wohnung, die einstmals Dr. Krätzig gehörte. Das Bad mussten wir uns mit einer weiteren Familie, die in diesem Haus wohnte, teilen. Das bedeutete auch, dass acht Personen eine Toilette nutzten! Nachdem wir die erste Scheu überwunden hatten und die Gastherme für warmes Wasser in der Badewanne sorgte, hatten die Waschschüsseln ausgedient. Es wurde nur noch gebadet, wohl sehr zum Leidwesen der anderen Mieter, denn so ein Bad dauerte sehr lange. Wir waren alle noch recht schmal und hatten deshalb bequem zu zweit und zu dritt Platz in der Wanne. Wir machten es uns richtig gemütlich und tranken auch Kaffee beim Baden.

Wir hatten unser Reich schnell erobert und lebten in spartanischer Möblierung ein "feudales" Leben. Jeder hatte seine Eigenheiten, aber trotzdem waren wir ein gutes Team.(Fortsetzung folgt).