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  7. Erinnerung an Zerstörung Sandaus

Redner riefen bei Gedenkveranstaltung in der Kirche zu Versöhnung und Frieden auf Erinnerung an Zerstörung Sandaus

Von Ingo Freihorst 14.04.2015, 03:27

Am 13. April 1945 begann der Beschuss der Stadt Sandau durch die Amerikaner. Einwohner und Gäste gedachten am Sonntag der fast völligen Zerstörung der Stadt vor genau 70 Jahren.

Sandau l Otto Bierfreud, Wolfgang Bohn, August Cunow, Karl Draht, Willi Herkt, Manfred Herm, Max Kuckenburg, Georg Neumann, Adolf Piehl, Adolf Plank, Max Siebert, Heinrich Schmücker, Karl-Richard Schneider und Richard Wegener starben direkt beim elftätigen Artilleriebeschuss oder danach an ihren Verletzungen. Ihre Namen sowie die aller anderen Gefallenen im letzten Weltkrieg aus Sandau stehen auf zwei großen Tafeln in der neuen Ausstellung des Kirchturmes - zusammengetragen von Ernst und Peter Busse.

Sechs der Genannten fielen am 17. April beim sinnlosen Löschen - ihre Motorspritze hatte einen Volltreffer erhalten. Pfarrer Hartwig Janus verlas beim Gedenken in der voll besetzten Kirche, was Zeitzeugen berichtet hatten: Am 14. April, einem Sonnabend, schießt um 9.30 Uhr erstmals die Artillerie auf Sandau, das Kirchturmdach zersplittert. Anderntag um 11 Uhr geht der Beschuss weiter, der Turm verliert seinen Helm. Das Rathaus liegt am 16. April unter Beschuss, vier Häuser werden zerstört. Am 17. April ist die Steinstraße das Ziel, am 18. April folgt das gesamte Stadtzentrum mit Stein-, Schleusen- und Stavenstraße. Am "Führergeburtstag", dem 20. April, sind Büsche und Rosen schwarz von Flugasche. Tiere sterben, denn die Panzersperren verhindern ihr Entkommen, überall liegen umgestürzte Bäume und Strommasten herum.

"Fanatismus und Unwissenheit riefen Taten hervor, die nicht nötig waren", erinnerte Bürgermeister Henry Wagner daran, dass der Stadtkommandant die angebotene Kapitulation abgelehnt hatte. Die Erinnerung an das Geschehen dürfe nie verblassen, wichtig seien aber vor allem Versöhnung und Frieden.

EU-Abgeordnete Susanne Melior, eine gebürtige Sandauerin, findet es gut, dass die Ruine des Turmes beim Neubau immer noch zu erkennen ist. Es sei eine Mahnung für alle, denn die Deutschen hatten den Krieg begonnen. Der Storch oben auf dem Turm fliegt über Palästina, Syrien und die Ukraine an die Elbe - überall dort herrscht noch immer Krieg.

Polnische Soldaten zogen als Erste in Sandau ein

Das Gedenken hatte mit einer Kranzniederlegung am polnischen Ehrenmal begonnen, Bürgermeister Henry Wagner und der polnische Konsul Rafal Gajewski gedachten in Anwesenheit zahlreicher Sandauer der Toten. Die Soldaten der 1. Polnischen Armee waren als Erste in die Stadt eingezogen.

Im Turm wurde zu diesem Anlass eine Ausstellung eröffnet, welche von der Kirchgemeinde und dem Förderverein organisiert worden war. Peter Busse hatte die beiden Tafeln gefertigt, auf der alle Sandauer Kriegsopfer verzeichnet sind. Zu sehen sind unter anderem eine Landkarte der Amerikaner und Granatenreste aus dem Kirchturm - demnächst mehr.