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  7. Kunsttherapie: Bilder vom "guten Ort" helfen, loszulassen

Caritas stellt Bilder aus, die im Offenen Atelier entstanden sind / Flutbetroffene verarbeiten beim Malen und Reden das Erlebte Kunsttherapie: Bilder vom "guten Ort" helfen, loszulassen

Von Anke Schleusner-Reinfeldt 12.06.2015, 03:14

Schönhausen l Bilder von ihrem "guten Ort" stellen die Teilnehmerinnen der Kunsttherapie - ein Angebot der Caritas - in der Schönhauser Kirche aus. Der zweite Jahrestag des Deichbruches war Anlass für die Vernissage, die am Mittwochabend in einen ökumenischen Gottesdienst eingebunden war.

Es sei ein Tag zum Zusammenkommen und Innehalten, sagte Pfarrer Ralf Euker, der die Andacht zusammen mit Propst Michael Maria Schelenz aus Stendal hielt. Jung und Alt seien im Juni 2013 nach dem Deichbruch in Fischbeck bis an den Rand ihrer Kräfte gefordert gewesen, "wir erfuhren aber auch tatkräftige Hilfe beim Aufräumen, Geld- und Sachspenden, Einladungen zu Ferienaufenthalten..., so erlebten wir, mitten in der Not auch dankbar zu sein".

Der Vorsitzende der Caritas-Stiftung Bistum Magdeburg, Thomas Thorak, sprach in seinem Grußwort davon, dass die Flut sichtbare und unsichtbare Schäden hinterlassen hat. Auch die Caritas konnte helfen. 3,2 Millionen Euro Spenden wurden direkt oder indirekt ausgereicht. Die Kunsttherapie im Offenen Atelier sei eine gute Möglichkeit, die unsichtbaren Schäden zu heilen.

Seit März 2014 unterbreitet die Caritas das kunsttherapeutische Angebot in Schönhausen. Anfangs war es Julia Kittner (vor der Heirat Wübbenhorst), die mit Kindern und Erwachsenen arbeitete. Seit Januar 2015 empfängt Stefanie Spilles die von der Flut Betroffenen im Offenen Atelier - einem Ort der Geborgenheit und des Austausches. Den gibt es inzwischen auch in Kamern und er wird genau wie in Schönhausen gut angenommen. Mindestens bis Jahresende bleibt das Atelier geöffnet - zum Malen, Reden, miteinander Schweigen, gegenseitig Mut machen und Selbstbewusstsein stärken. Betroffene haben die Möglichkeit, sich über bildnerische Möglichkeiten mit den Erlebnissen während und nach der Flut auseinanderzusetzen und sie zu verarbeiten. Ralf Euker dazu: "Gedanken zu Papier zu bringen, kann helfen, loszulassen, Angst abzulegen und Selbstvertrauen zurückzugewinnen."

Übertitelt ist die Ausstellung, die bis zum Erntedankfest in der Kirche zu sehen sein wird, mit "Der gute Ort". Den haben die Therapie-Teilnehmer in ihren Gedanken eingerichtet. "Auf ihn können sie zurückgreifen, wenn es ihnen schlecht geht. Jeder hat einen anderen ,guten Ort` - in den Bergen, am Meer, im Garten oder im alten Haus, eben dort, wo man sich wohl und sicher fühlt", erklärt Julia Kittner.

Solche Orte sind auch auf den Bildern zu sehen, die ausgestellt sind. Auch Sorgenfresser haben die Teilnehmerinnen bildlich festgehalten. Bilder von Wasser und Flut sieht man dagegen kaum. "Die Gespräche kommen aber immer wieder darauf zurück. Auch zwei Jahre nach der Katastrophe sind die Ereignisse allgegenwärtig und es wird noch Zeit brauchen, bis alles verarbeitet ist." Stefanie Spilles ermutigt dazu, mittwochs ab 14 Uhr einfach mal im Atelier unter dem Dach des Dorfgemeinschaftshauses oder auch in Kamern donnerstags von 17 bis 19 Uhr vorbeizuschauen. "Jeder ist willkommen!"