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Stendaler Wahlskandal Helfershelferin arbeitet weiter für CDU

29.07.2015, 18:12

Stendal l Die Fälschung von mehr als 300 Stimmzetteln mit fast 1000 Stimmen für die Stadtrats- und Kreistagswahl im Mai 2014 gehe zurück auf die "kriminelle Energie Einzelner", hatte Stendals CDU-Stadtverbandsvorsitzender und Landtagsabgeordneter Hardy Peter Güssau im April betont. Damals berieten die Christdemokraten über den Wahlskandal.

Wenige Tage später konkretisierte die Staatsanwaltschaft, dass es sich bei den "Einzelnen" neben Ex-CDU-Stadtrat Holger Gebhardt als mutmaßlichem Drahtzieher um zwölf weitere Verdächtige handelt, gegen die ermittelt wird.

Durchsuchung und Kündigung
Einige Wochen danach legt Holger Gebhardts Lebensgefährtin beim sozialen Netzwerk Xing ihr Profil an. In dem Karriere-Netzwerk gibt sie an: "Mai 2011 bis heute: Mitarbeiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Landtagsabgeordneter Hardy Peter Güssau".

Die Mittdreißigerin gehört zu den mutmaßlichen zwölf Helfershelfern ihres Lebensgefährten. Im Dezember ließ die Staatsanwaltschaft bei einer zusätzlichen Hausdurchsuchung in der gemeinsamen Wohnung ihren Laptop und ihr Mobiltelefon beschlagnahmen. Die Stadt kündigte daraufhin ihrer Bibliotheksmitarbeiterin fristlos. "Es handelt sich um eine so genannte Verdachtskündigung", erklärte damals Vize-Oberbürgermeister Axel Kleefeldt (CDU).

Hardy Peter Güssau bestätigt, dass Holger Gebhardts Lebensgefährtin "seit 2011 eine Mitarbeiterin mit einer geringfügigen Beschäftigung" bei ihm ist. Es gibt einen Arbeitsvertrag für zwei Stunden pro Woche, "die Mindestlohnregelung wird beachtet". Auf die Frage, warum er nach Bekanntwerden der Vorwürfe nicht genauso wie die Rathaus-Spitze gehandelt hat, antwortet der Landtagsabgeordnete: "Frau B. (Name von der Redaktion abgekürzt) hat mir gegenüber zum Sachverhalt eine schriftliche Stellungnahme und Erklärung abgegeben."

"Verfolge das Verfahren"
Im gescheiterten Gütetermin vor dem Stendaler Arbeitsgericht hatte die ehemalige Bibliotheksmitarbeiterin im März eingeräumt, als Bevollmächtigte im Rathaus Briefwahlunterlagen abgeholt zu haben. Sie verweigerte indes die Aussage, von wem sie die Vollmachten erhalten und an wen sie die Wahlunterlagen weitergegeben hat. Nur so viel: "Ich habe die Unterlagen von A nach B getragen." Zugleich betonte sie, die Unterlagen weder ausgefüllt noch geöffnet zu haben. Sie habe sie aber auch nicht an die Wahlberechtigten zurückgegeben.

"Warum halten Sie es für gerechtfertigt, dass Frau B. unter diesen Umständen Ihre Mitarbeiterin bleiben kann?", fragte die Volksstimme den Landtagsabgeordneten. Güssau: "Im Arbeitsrechtsstreit mit der Hansestadt Stendal ist mir bekannt, dass es ein laufendes Verfahren gibt, welches voraussichtlich im Oktober abgeschlossen wird." Und sollten die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu einer Anklage seiner Mitarbeiterin führen? "Ich verfolge das Verfahren."

Auf die Frage, ob auch Holger Gebhardt selbst vor dem Bekanntwerden der Vorwürfe gegen ihn im November 2014 gegen Entgelt für ihn im Abgeordnetenbüro gearbeitet habe, antwortet der Landespolitiker entschieden mit einem Wort: "Nein." Die CDU hatte sich im November umgehend von Gebhardt distanziert. Der damals 41-Jährige trat aus der Partei aus, legte sein Stadtratsmandat nieder und kündigte seinen Nebenjob als Sekretär der CDU-Kreistagsfraktion.

Xing-Profil geändert
Hat die Staatsanwaltschaft bei ihren Hausdurchsuchungen im November und Dezember auch Erkenntnisse über die Mitarbeit im Abgeordnetenbüro gewonnen? Sprecherin Brigitte Strullmeier antwortet zurückhaltend: "Der von Ihnen geschilderte Sachverhalt ist für die Aufklärung der Wahlfälschungsvorwürfe nicht von unmittelbarer Bedeutung, er ist nicht von strafrechtlicher Relevanz und betrifft vor allem persönliche Verhältnisse, so dass ich mich an einer entsprechenden Auskunft gehindert sehe."

Frau B. hat unterdessen nach Kenntnis der Volksstimme-Recherchen ihr Xing-Profil überarbeitet. Nunmehr heißt es dort: "Mai 2011 bis heute: Mitarbeiterin Abgeordneter Hardy Peter Güssau MdL (geringfügige Beschäftigung)".