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Bald kann auch die Oma, die an den Rollstuhl gefesselt ist, endlich zu Besuch in die Breite Straße kommen Per Aufzug bis vor die Wohnungstür

Von Wolfgang Masur 08.03.2011, 04:35

Die Wohnungen in der Breiten Straße 23 bis 27, die zum Bestand der Havelberger Wohnungsgenossenschaft "Solidarität" (Ha-W-Ge) gehören, werden ab diesem Monat umfangreich saniert. Nach der Fertigstellung sollen sie barrierefrei sein; die Balkontüren befinden sich dann auf dem gleichen Niveau wie der Wohnraum.

Havelberg. Ziel ist es, 60 nutzerfreundliche Wohnungen zu schaffen, die wie Wohnungen im Parterre zu sehen sind. Dazu werden die Aufgänge zu den Wohnungen mit einem Aufzug versehen, um den Mietern das Treppensteigen zu ersparen. "Es ist der letzte Wohnblock, den wir sanieren, dann haben wir alle Blöcke durch. In der Breiten Straße 10 bis 22 wurden in den zurückliegenden Jahren die Wohnblöcke von sechs auf vier Etagen zurückgebaut und an einigen Immobilien haben wir nachträglich zur Verbesserung der Wohnqualität Balkone angebaut", so der Geschäftsführer der Ha-W-Ge Jürgen Kerfien.

Auf der neuen Baustelle der Genossenschaft wurden in der vergangenen Woche schon die Rüstungen für die Vorbereitungsarbeiten zum Anbau der Aufzüge aufgestellt. Eine Spezialfirma hat jetzt damit begonnen, die Außenwandplatten aufzuschneiden. Mit laut kreischenden Schneidemaschinen geht die Arbeit voran. Bodo Nagel und Uwe Mohr von einem Stendaler Beton-Bohr-Sägeservice haben pro Tag die Betonplatten an je einem Aufgang aufgesägt. Mit einem großen Kran wurden anschließend die alten Betonplatten hinter der Rüstung ausgehoben. Hier ist Präzisionsarbeit gefragt, denn ein Berühren der Rüstung mit der schweren Betonplatte hätte Folgen. Noch am gleichen Tag hob der Kran die neuen Platten - sie wurden extra angefertigt und haben eine Türöffnung für den Aufzug und eine Lichtöffnung - ebenso präzise wieder ein. Für die Mieter waren gerade die Sägearbeiten eine Lärmbelästigung, die die meisten Bewohner aber im Sinne der Modernisierung in Kauf nehmen.

Dieter Tüscher wohnt seit zehn Jahren im Aufgang Nummer 27. "Es wird besonders die älteren Bewohner freuen, dass die Aufgänge mit einem Aufzug versehen werden. Ich finde die Modernisierung eine feine Sache, denn jetzt ist der ganze alte Kram aus DDR-Zeiten hier raus. Die Neugestaltung der Fassade wird die Modernisierung im ganzen Block bekunden", meinte er.

Die Fugen in den Außenwandplatten werden zur weiteren Verbesserung der Wärmeisolierung und der Energieeinsparung verschlossen, und nach dem Einbau der neuen Fenster erhält der Wohnblock einen neuen Farbanstrich. Die Wohnungseingangstüren sind schon erneuert, Versorgungsleitungen wurden neu verlegt und der Dachboden hat bereits eine Wärmedämmung erhalten.

Der Hansestädter Lutz Schmiedel beobachtete mit gemischten Gefühlen die Kranarbeiten. "Ich habe hier einmal gewohnt. Wenn man das damals geahnt hätte, das jetzt alles so schön und bequem gestaltet wird, wären wir natürlich geblieben", sagte der Rentner.

Im Eingang Nummer 23 wohnt seit 2005 Jacqueline Hanske. Die junge Frau freut sich sehr über die Sanierungsarbeiten an dem Wohnblock und lächelt nur über den Baulärm. "Das geht vorüber und dann haben wir alles ganz toll. Erst sollten ja die obersten zwei Etagen zurückgebaut werden, aber ich finde die Lösung mit den Aufzügen einfach genial. Jetzt kann uns auch meine Schwiegermutter, die an den Rollstuhl gefesselt ist, ohne Schwierigkeiten besuchen. Meine Tochter Kimberly-Sophie freut sich immer darüber, ihre Oma zu sehen", strahlte Jacqueline Hanske.

Auf dem Balkon, der zur Gartenseite des Wohnblocks gelegen ist, nutzt Monika Kluzikowski das sonnige Wetter, um etwas Wäsche aufzuhängen. Sie gehört zu den "Ureinwohnern" in der Breiten Straße. "Ich bin 1988, nach der Fertigstellung des Neubaublocks, hier eingezogen und habe es nie bereut. Jetzt wird alles modernisiert und daher möchte ich nirgendwo anders mehr wohnen", verriet die Seniorin. Monika Kluzikowski ist behindert und hat gleich unter dem Balkon ihre kleine Garage für den Rollstuhl. "Besser geht es nicht", merkte sie noch an.

Fast eine Million Euro wird der Anbau der Aufzüge kosten. Für die Instandsetzung der Fassade, die Fugendämmung an den Außenwandplatten, für Fenster, Malerarbeiten und die restlichen Arbeiten sind weitere 500 000 Euro eingeplant. Die Modernisierungsarbeiten in der Breiten Straße 23 bis 27 sollen am 30. Juni abgeschlossen werden. "Für Reparatur- und Verschönerungsarbeiten sowie für die Modernisierung weiterer Wohnungen stehen auch noch finanzielle Mittel zur Verfügung. Wir werden im Jahr 2011 etwa 1,3 Millionen Euro zum Wohl unserer Mieter und Mitglieder ausgeben", sagte Jürgen Kerfien.