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Fotoausstellung dokumentiert Auswirkungen der Milchpolitik auf Bauern in Europa und Afrika Fatale Folgen der Globalisierung für Milchbauern

Von Ingo Freihorst 19.04.2011, 06:28

Wust. "Muuuh!" - die Rufe einer Zwillingsmutter wiesen den Besuchern am Sonntag den Weg zum Wuster Speicher: Landwirt Wilfried Jahns aus Briest hatte eine Kuh mit Zwillingskälbchen mitgebracht, ein höchst seltenes Ereignis bei diesen Vierbeinern.

Von den Rufen der Kühe ist auch der Name des Muuuhseums abgeleitet, das an dem Tag seine Saison eröffnete. Wie der Name schon sagt, dreht sich hier alles um die Kuh.

Die Sammelleidenschaft von Ku(h)rator Gerhard Faller-Walzer war es gewesen, die vor Jahren den Anstoß zur Museumsgründung gegeben hatte. Über 1000 Exponate rund ums Milchvieh können die Gäste hier betrachten: Geschirr, Spielsachen, Wäsche, Spardosen, Plastiken, ja sogar ein Schachspiel ist dabei. Weitere Exponate gab es zu Saisonbeginn von den Gästen.

So vom Landesvorsitzenden des Bundesverbandes der deutschen Milchviehhalter. Peter Schuchmann aus dem altmärkischen Schwarzholz hatte eine kleine, sexy Damenfigur mitgebracht - mit Kuhkopf.

Doch war der Funktionär nicht wegen des Geschenkes nach Wust gereist, sondern um die von seiner Organisation mit geförderte Wanderausstellung zu eröffnen. Ein Fotograf hatte Milchbauern in Europa und im afrikanischen Burkina Faso porträtiert. Scheinbar gibt es zwischen ihnen keinen Zusammenhang, doch liest man die Texte aufmerksam, wird dieser deutlich. Die Globalisierung macht es möglich, dass sowohl die Bauern in Europa als auch ihre Kollegen in Afrika ins Hintertreffen geraten.

Der europäische Milchpreis orientiert sich am Weltmarktpreis, obwohl auf dem alten Kontinent die Produktion weit teurer ist. 2008 wurde die Quote erhöht, obwohl der Absatz rückläufig war - der Überschuss drückte den Preis weiter runter. So konnte nicht kostendeckend gewirtschaftet werden - um über die Runden zu kommen, wurde noch mehr Milch als nötig produziert. In Form von billigem Milchpulver landete das weiße Lebensmittel auf dem schwarzen Kontinent, wo die mühsam mit Entwicklungshilfe aufgebaute Viehhaltung wieder zerstört wurde. Ein Teufelskreis. Einziger Profiteur ist die Industrie.

Er selbst habe mit seinen 200 Kühen allein in einem Jahr um die 150 000 Euro Verlust eingefahren, so der Redner. Damals gab es lediglich 20 Cent pro Milch-Liter. Jetzt liege der Literpreis zwar bei 32 Cent, doch nötig wären 40 Cent. Seither mussten allein in Sachsen-Anhalt 60 Milchviehbetriebe aufgeben, etliche Arbeitsplätze gingen verloren. Das Gros davon im deutschen Osten.

Im Muuuhseum ist es schon Tradition, die Saison mit einer Ausstellung zu eröffnen. Die jetzt laufende ist so rege gefragt, dass der Saisonstart extra deswegen vorgezogen werden musste. Die Fotos sind im alten Speicher hinter der Schule bis zum 15. Mai zu betrachten. Ein Dankeschön von Faller-Walzer ging an seine Helfer wie Ingrid Kanopka und Ina Leutloff, die im Vorfeld rege mithalfen. Regionale Produkte wie Eis vom Bauernhof oder Joghurt waren im Angebot, natürlich auch Selbstgebackenes von den Frauen aus dem Ort. Die Schülerinnen Josephine Stimming und Leonie Schüler hatten einen Stand mit leckeren Milchshakes aufgebaut, mit Kakao-, Waldmeister- und Kirschgeschmack.

Nicht fehlen durfte der Schulchor, der unter der Leitung von Schulleiterin Sigrid Reumann stand. Rezitiert wurde im Programm das lustige Gedicht von der Kuh, die übers Schwalbennest flog, natürlich gab es auch ein Kuh-Lied: "Ich sah `ne Kuh die fraß auf einer Wiese Gras."

Draußen in der Frühlingssonne saß Jugendklubbetreuerin Brigitte Haberland an einem Tisch, auf dem Basteleien für die Jüngsten angeboten wurden. Bemalt werden konnten Gipsfiguren zum Osterfest und selbstverständlich Kühe.