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Von seiner Besitzerin zurückgelassene Bartagame wird im Ahlumer Tierheim aufgepäppelt / Reptilienstation geplant Mehlwürmer munden Bernie schon wieder

Von Walter Mogk 24.01.2015, 02:01

Eine Reptilienstation will das Ahlumer Tierheim einrichten, um für die Unterbringung solch exotischer Tiere besser gerüstet zu sein. Der erste potenzielle Bewohner ist schon da: Bernie, die Bartagame - von seiner Besitzerin beim Auszug aus der Wohnung einfach zurückgelassen.

Ahlum l Seit Weihnachten ist er der absolute Star im Ahlumer Tierheim: Bernie, die Bartagame. "Unsere Mitarbeiter haben ihn richtig ins Herz geschlossen, die ersten Tage kamen sie kaum von ihm los", berichtete Leiterin Ursula Lohse der Volksstimme. Dabei war der Zustand des mittelgroßen eidechsenähnlichen Tieres, dessen Heimat eigentlich Australien ist, alles andere als gut. "Als er kurz vor Weihnachten bei uns abgegeben wurde, war Bernie vollkommen ausgetrocknet, fast dehydriert, steif wie ein Brett und voller Parasiten", erzählte Lohse.

Die Bartagame wurde in einer verlassenen Wohnung sichergestellt. Ihre Besitzerin war ausgezogen und hatte das Tier in seinem Terrarium sich selbst überlassen. "Es hatte kein Futter, kein Wasser und die Heizung war auch abgestellt", so Lohse. Vor allem letzteres wäre für das exotische Lebewesen fast das Todesurteil gewesen, denn Bartagamen sind wechselwarme Tiere, die hohe Temperaturen zum Überleben benötigen.

Kur gegen Parasitenbefall schlägt gut an

Doch Bernie hatte Glück. Der Hausbesitzer entdeckte das Tier in der völlig verwahrlosten Wohnung nach einigen Tagen. Gerade noch rechtzeitig, um es wieder aufzupäppeln. Darum kümmerten sich die Tierheim-Mitarbeiter in rührender Weise. Am Anfang musste es noch zwangsernährt werden, inzwischen frisst Bernie selbstständig die dargebotenen Mehlwürmer, Heuschrecken und Grillen. "Er ist auch schon lebhafter, hat die Augen auf, dreht den Kopf und registriert alles um ihn herum genau", freut sich Ursula Lohse. Auch das regelmäßige Baden und Duschen lässt die Echse ohne Murren über sich ergehen.

Gern würden die Tierheim-Mitarbeiter Bernie aus seinem alten Terrarium in ein neues, geräumigeres Zuhause verlegen. Das steht in einem Raum im oberen Stock des Hauptgebäudes auch bereit, doch zunächst muss das Tier wieder vollständig gesund sein. "Solange er von Parasiten befallen ist, hat das keinen Zweck, da die sich dann im Untergrund des neuen Terrariums festsetzen", erläuterte Ursula Lohse. Derzeit wird Bernie mit Panacur behandelt, einem Medikament gegen Wurminfektionen bei Hunden. "Es schlägt gut an, die erste Zehn-Tages-Kur hat er schon hinter sich, nach einer Pause kommen noch mal zehn Tage hinzu", berichtete die Tierheim-Leiterin.

Keine Papiere, so dass die Herkunft unklar ist

Wo Bernie später hin soll, steht noch nicht fest. Tierparks und Zoos nehmen solche Tiere meist nicht, weil ihre Herkunft ungeklärt ist. Auch für Bernie existieren keinerlei Papiere, dabei ist für die Haltung solcher Exoten die Vorlage einer sogenannten CITES-Bescheinigung nach dem Washingtoner Artenschutzabkommen vorgeschrieben, um nachweisen zu können, woher das Tier stammt. "Für uns steht jedenfalls fest, dass wir Bernie nur in erfahrene Hände abgeben, nur muss man die erstmal finden", so Lohse.

Dass sich Leute exotische Tiere halten, aber gar nicht wissen, wie sie mit diesen umgehen sollen, komme leider immer häufiger vor. "Für die Haltung muss eigentlich der Nachweis erbracht werden, dass man dazu auch geeignet ist. Das ist aber oft nicht der Fall, die Mehrheit dieser Tiere in Privathaushalten wird meiner Einschätzung nach illegal gehalten", erklärte die Molmkerin.

Auch die Tierheim-Mitarbeiter mussten sich bei Bernies Ankunft erst einmal schlau machen. Sie wälzten Bücher und konnten sich bei einem Mitarbeiter des Veterinäramtes, der sich auf Reptilien spezialisiert hat, wertvolle Ratschläge holen. "Schließlich sind wir auf die Unterbringung solcher Tiere nicht vorbereitet. Aufnehmen wollen wir sie aber, weil jedes notleidende Tier ein Recht darauf hat, dass man sich darum kümmert", betonte Ursula Lohse.

Raum im Obergeschoss soll umgebaut werden

Um für weitere Fälle wie Bernie besser gewappnet zu sein, will das Tierheim demnächst eine Reptilienstation einrichten. Platz ist in dem ehemaligen Personalschlafraum, wo derzeit das Terrarium steht. "Wir müssen ihn aber noch isolieren, damit es dort warm genug ist. Außerdem kommen neue Stromleitungen rein, die bisherigen sind für die Energiemenge, die benötigt wird, unzureichend", so Lohse.

Die Anschaffung zusätzlicher Terrarien ist ebenso geplant wie die entsprechende Schulung der Mitarbeiter. Für all diese Maßnahmen ist das Ahlumer Tierheim, das ausschließlich mit Spendenmitteln betrieben wird, auf finanzielle Unterstützung angewiesen.

Bernie ist kein Einzelfall, das stellte die Tierheim-Leiterin klar. Schon vor zwei Jahren wurde eine Bartagame im Vorgarten des Heimes ausgesetzt. "Damals allerdings glücklicherweise im Sommer", so Lohse. Und erst neulich seien bei Salzwedel zwei Boas in einer Privatwohnung beschlagnahmt worden, für die eine vorübergehende Unterbringung gesucht wird. "Die würde ich allerdings ungern zu uns nehmen, da wir einfach nicht die Leute haben, die mit diesen Tieren richtig umgehen können. Außerdem sind sie nicht ganz ungefährlich", erklärte die Tierheim-Chefin.

Informationen zum Ahlumer Tierheim und den dort untergebrachten Tieren, die ein neues Zuhause suchen, gibt es auch im Internet unter www.allgemeiner-tierhilfsdienst.eu.