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Artikel im Stadtarchiv Egeln macht deutlich, dass es schon vor rund 100 Jahren ähnliche Probleme gab Steuern waren 1919 schon heißes Thema im Stadtparlament

Von Nadja Bergling 03.01.2014, 01:08

Egeln l Die Steuern und ihre Höhe haben die Stadt Egeln schon immer beschäftigt. Nicht nur im vergangenen Jahr wurden die Hebseätze diskutiert. Bereits im November 1919 konnte man folgenden Beitrag im "Egelner Tageblatt" über die Sitzung des Stadtparlamentes lesen:

Kartoffelversorgung - Mittellandkanal - Steuerausbau - das war das Dreigestirn, das sich aus den Stadtverordnetenberatungen am Sonnabend heraushob. In der Kartoffelversorgung werden wir voraussichtlich auch im Frühjahr nicht unter der allgemeinen Knappheit zu leiden haben, diese Hoffnung wurde ausgesprochen und wir möchten nur wünschen, dass sie sich voll und ganz bewahrheitet. Es sieht aber schon gegenwärtig in der Kartoffelversorgung Egelns nicht so hoffnungsfreudig aus.

Die Entscheidung über den Bau des Mittellandkanals, an dessen Projekt schon seit vielen Jahren gearbeitet wird, kann unter Umständen schon um Weihnachten herum fallen. Ja, sie muss fallen, denn am 1. April unseres Jahres übernimmt das Reich die Oberhoheit über sämtliche Wasserstraßen und wer weiß, ob uns nicht später die Entente mit einem Machtwort den Bau verbietet, damit wir erst ihre Forderungen befriedigen. Die Entscheidung muss also fallen. Und das für Egeln nur die Südlinie in Frage kommen kann, steht außer allem Zweifel.

Es soll und muss also auch von uns mit allem Hochdruck für diese Linie agitiert werden. Um gegenüber den Ausgaben neue Einnahmen zu schaffen, wurden beim "Kleine Anfragen" neue Steuerprojekte vorgeschlagen. Es wird für die Gemeinden immer schwieriger, neue Steuerquellen ausfindig zu machen, denn überall fasst das Reich zu und schafft sich ein Privileg. Ob unter solchen Umständen die " Katzensteuer" noch lange ein Scherz bleiben kann- wer weiß es?

Horst Kuhnert gibt nach Eröffnung der Sitzung Kenntnis von der Einstellung des Verfahrens in der Schneidlinger Affäre. Die Versammlung ist damit einverstanden, dass die persönliche Angelegenheit des Punkt 6 der Tagesordnung nicht öffentlich behandelt wird. Alsdann werden die üblichen Kassenrevisionsprotokolle zur Kenntnis gegeben. Die Änderung der Sparkassensatzung ist in einigen Paragraphen erflogt, womit die Versammlung einverstanden ist. Es können jetzt Einlagen in unbegrenzter Höhe gemacht werden, während früher die Höchstgrenze 10 000 Mark und in folgenden Fällen 15 000 Mark betrug. Weitere Neuerungen betreffen die Verwahrungen der Sparkassenbücher und die Vermietung von Sicherheitsfächern.

Der Tarifvertrag mit städtischen Arbeitern des Elektrizität- und Waffenwerks, der in einer der letzen Sitzungen zwecks Reduzierung der Vergütung für Überarbeit zurückgegeben wurde, wird in der erst festgesetzten Fassung, in der Woche 50, sonntags 100 Prizent Aufschlag, angenommen. Überstunden sollen jedoch nur in besonders dringenden Fällen geleitet werden.

Beim Punkt Kleine Anfragen betont Horst Kuhnert gegenüber den gestiegenen Ausgaben die Notwendigkeit, sich nach neuen Einnahmen umzusehen. Der ersucht den Magistrat, Vorlagen über eine Wertzuwachssteuer und eine Erhöhung der Umsatzsteuer der Versammlung vorzulegen. Döring regt an, auch eine Billettsteuer, eine Besteuerung des Tanzunterrichts und eine Erhöhung der Hundesteuer in Erwägung zu ziehen. Wiegleb bemerkt, dass bezüglich der Wertzuwachssteuer und der Umsatzsteuer schon das Reich zugegriffen und die Gemeinde kein Recht mehr habe, hier selbstständig vorzugehen. Es müssen darüber Ausführungsbestimmungen abgewartet werden.

In nichtöffentlicher Sitzung wird die vorläufige Beschäftigung eines Kriegsinvaliden im Bürodienst bei 5 Mark Entschädigung pro Tag beschlossen