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Musikertrio baut gekonnt klangvolle Beziehung zwischen Orgel, Violine und Gesang auf Verschmelzungszauber in St. Levin

Von Angelika Höde 10.09.2014, 01:16

Wer bislang glaubte, die Musik des Barock sei alt und angestaubt, wurde beim Harbker Orgel- sommer am Sonntag eines Besseren belehrt. Kraftvoll, dynamisch und die Klangvielfalt der Fritzsche-Treutmann-Orgel ausschöpfend begeisterten die Musiker des Nachmittags ihr Publikum in der Levinskirche.

Harbke l Gleich das erste von Lukas Storch intonierte Stück, eine Toccata von Dietrich Buxtehude, ließ die Besucher beeindruckt aufhorchen, war es in seiner umfassenden Klanggewalt doch schon mehr als ein Fingerzeig darauf, auf welch weittragenden Schwingen diese musikalische Reise im Orgelsommer angetreten wird.

"Ich heiße Sie zu einem Konzert willkommen, bei dem alles anders ist", begrüßte Pfarrer Peter Mücksch die Gäste. "Anders als zunächst geplant, wird heute auch kein Eintrittsgeld erhoben, denn es findet eine verkleinerte Variante des ursprünglich angedachten Konzerts statt. Ich bin mir aber sicher, wir werden einen Nachmittag mit wunderbarer Musik erleben." Diese Hoffnung sollte sich gänzlich erfüllen - verantwortlich dafür: Lukas Storch an der Orgel, die Sopranistin Isabel Meyer-Kalis und Violinist Thomas Fleck, dazu Dr. Erik Dremel, Dozent an der Evangelischen Hochschule für Kirchenmusik, der erläuternd durchs Programm führte und dazu ermunterte, "seltene Schätze" zu entdecken.

Dremel stimmte entsprechend ein: "Die Orgel ist vom Wesen her ein Solitärinstrument, das aber in ungewöhn- liche Beziehung zu anderen Instrumenten treten kann, wenn man es richtig anstellt. Heute wollen wir diese Beziehung zu einer Violine und einem Sopran aufbauen und neue Facetten der Orgel erleben."

Die Entdeckungsreise begann in Helmstedt mit dem Komponisten Johann Justus Kahle (1668-1740). Von ihm sind nur sehr wenige Kompositionen erhalten, eine davon aus der Bibliothek derer von Veltheims, den einstigen Harbker Schlossherren. Kahles Vertonung des 121. Psalms "Ich hebe meine Augen auf" erwies sich in der Levinskirche als eine traumhaft tonmalerische Verbindung aus Orgel und Sopran.

Weiter ging es nach Halle zum faszinierenden Werk des Friedrich Wilhelm Zachow, von 1684 bis 1712 oberster Kirchenmusiker der Stadt. Dieser hatte in Georg Friedrich Händel und Gottfried Kirchhoff zwei bedeutende Schüler, wie Erik Dremel erklärte: "Kirchhoff wurde Zachows Nachfolger in Halle. Händel dagegen war nicht nur weltläufig und ein Künstler modernen Typs, er war zu seiner Zeit so etwas wie ein Superstar, der für den englischen König komponierte."

Händel selbst beherrschte Orgel und Violine virtuos, und nach Ansicht Dremels hätten Lukas Storch und Thomas Fleck mit ihrer Interpretation der Sonata für Violine und Orgel den Meister ebenso vom Hocker gerissen wie hier das Harbker Publikum. Wie zum Beweis folgte ein weiterer Verschmelzungszauber beider Instrumente und der Sopranstimme, indem die Händelsche Gedichtvertonung "Süße Stille, sanfte Quelle" erklang.

Zurück in die Zeit der Erbauung der Fritzsche-Orgel (1621/22) führte der Abstecher zu Johann Schop. "Er war aufgrund seines Könnens einer der Großverdiener seiner Zeit", wusste Dremel zu berichten. Bei seinem "Jauchzet dem Herren" und Buxtehudes abschließendem "Singet dem Herrn ein neues Lied" erlebten die Konzertbesucher noch einmal eindrucksvoll harmonische Vollendung des musizierenden Trios. "Größter Dank an die drei Ausnahmemusiker, an Dr. Erik Dremel und Georg Rosentreter als Organisator des Konzerts", sprach Peter Mücksch den Besuchern nach lang anhaltendem Schlussapplaus aus dem Herzen. "Sie haben uns einen ganz außergewöhnlichen Nachmittag bereitet. Wir haben wirklich wieder neue Seiten an unserer Orgel kennengelernt."