1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Oschersleben
  6. >
  7. Ein Bahnhof als Pilgerstätte

Buchautor Kurt Kaiß reist durch Blumenbergs Eisenbahngeschichte Ein Bahnhof als Pilgerstätte

Von Sabrina Trieger 10.02.2015, 02:33

Unter dem Titel "Blumenberg - ein Bördedorf und sein Bahnhof" hat Eisenbahnfreund Kurt Kaiß die Bahngeschichte der Gemeinde aus 170 Jahren zusammengetragen und veröffentlicht. Seit 1987 zog es den Autor immer wieder aus dem bergischen Land in die Börde zu "seinem" Eisenbahnknotenpunkt.

Blumenberg l Die Liebe zur Eisenbahn und zur Gemeinde Blumenberg haben Kurt Kaiß inspiriert sein gesammeltes Material über die Bahngeschichte der Region von 1843 bis heute als Broschüre zu veröffentlichen.

Margit Muschter, Wanzlebens bekannte Literaturkritikerin, hat das Werk bereits gelesen. "In dem kleinen Bändchen nimmt uns Kurt Kaiß mit auf eine Reise durch die wechselhafte Geschichte des Blumenberger Bahnhofs. Prall gefüllt mit 170 Jahren Geschichte in einzigartigen Dokumenten", zeigt sie sich begeistert. Auf- und Niedergang des einstigen Eisenbahnknotenpunktes zeigen nicht nur die aufwendig recherchierten Texte des Autors, sondern auch Fotografien, Postkarten, amtliche Dokumente, Fahrpläne und das anschauliche Kartenmaterial. "Ein besonderes Highlight sind für mich die kleinen Reiseberichte wie die des Lehrers Albert Schimmel aus Wanzleben um 1920", meint Margit Muschter und zitiert: "Wir fahren mit dem Eisenbahnzuge nach Blumenberg(..) ,Blumenberg` ruft der Schaffner, ,Alles aussteigen!` Wir steigen aus, es ist 8 Uhr früh. Wir stehen auf dem Bahnsteig unter vielen Menschen. Wir sehen mehrere Lokomotiven dampfen, die vor Personen- oder Güterzüge gespannt sind. Hier auf dem größten ,Eisenbahnknotenpunkt` wollen wir jetzt bleiben. Wir sehen drei Bahnsteige, sie sind teilweise überdacht. Einige Leute laufen durch den Tunnel. Sie wollen auf den anderen Bahnsteig.(..) weil hier die Züge von den Nebenlinien, von Staßfurt, Schönebeck und Eilsleben mit vielen Reisenden, die auf die Züge der Hauptstrecke Magdeburg-Halberstadt-Thale übergehen, einlaufen."

Neben der Eisenbahnromantik zeichnet der Autor auch die weitere Entwicklung mit sehr viel Herzblut, aber auch sehr kritisch auf. "Und somit kommen nicht nur Eisenbahnfreunde, sondern auch Liebhaber von Regionalgeschichte auf ihre Kosten", ist sich die Buchhändlerin sicher. Ihr Prädikat: Absolut lesenswert. Die 80-seitige Broschüre mit ausklappbarem Bahnhofsplan beschreibt das Werden, Aufblühen und allmähliches Vergehen des Bahnhofs Blumenberg von 1843 bis heute.

Große Bekanntheit erlangte der im Personen- sowie im Güterverkehr regional bedeutende Bahnknoten mit Verkehr in Richtung Magdeburg, Halberstadt, Staßfurt, Eilsleben und Schönebeck in den 8oer Jahren, "weil hier deutschlandweit die letzten Regelspurdampfloks verkehrten", erklärt Kaiß die Besonderheit, der ein Eisenbahnfreund ist, wie er im Buche steht, und das buchstäblich. Das Eisenbahn-Fieber habe ihn vor 50 Jahren gepackt, erklärt der heute 63-jährige Lehrer im Ruhestand.

"Seit meinem 13. Lebensjahr fotografiere ich vorzugsweise Dampfloks. Nach deren Ende bei der DB packte es mich Anfang der 80er Jahre erneut, sie im Bild festzuhalten, was im Regelspurbetrieb nur in der DDR möglich war." Blumenberg besuchte er das erste Mal 1987. "Die Bördegemeinde war schon zu dieser Zeit europaweit unter Dampflokfreunden bekannt und unter den Fans zur Pilgerstätte avanciert. Vom Dampfbetrieb sowie von den dort tätigen Eisenbahnern begeistert, zog es auch mich etliche Male dorthin", erzählt er. Unterkunft habe er hier mit seiner Frau zumeist bei einer netten Eisenbahnerfamilie, die im Empfangsgebäude wohnte, gefunden. "Was war das für ein Gefühl, morgens von einer vorbeifahrenden Dampflok geweckt zu werden", schwärmt er.

Als Eisenbahnautor ist Kaiß seit mehr als 20 Jahren tätig. Zwei Bücher über Dresdens Eisenbahn sowie über den Bahnknoten Chemnitz für einen Düsseldorfer Verlag, sowie eine Reihe von Büchern über seine Heimatregion zwischen Köln und Wuppertal, gehen auf sein Schriftsteller-"Konto".

Der Ruheständler selbst wohnt in Leichlingen, "nicht allzuweit weg von Deutschlands höchster Eisenbahnbrücke, der Müngstener Brücke", merkt er an, der den fortschreitenden Verfall des Blumenberger Bahnhofs zutiefst bedauert. "Die kleine Schrift soll die Erinnerung an die guten Zeiten des Bahnhofs und die dort tätigen Eisenbahner bewahren helfen."