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Bürgerinitiative und Gemeinde Hohenberg-Krusemark kämpfen weiter gegen Hähnchenmast in Schwarzholz "Solche Anlage kann man hier nicht genehmigen"

Von Andreas Puls 26.02.2014, 02:20

Auch wenn es seit langem ruhig geworden ist um die geplante Hähnchenmastanlage in Schwarzholz: Aus Sicht der Bürgerinitiative ist das Vorhaben nicht vom Tisch. Der Kampf wird fortgeführt.

Schwarzholz l Bereits im Jahr 2010 trat der Hindenburger Kai-Richard Schlichting an den damaligen Gemeinderat Schwarzholz heran und bekundete, eine 400000er Hähnchenmastanlage in Schwarzholz errichten zu wollen. Einige Zeit später wurde die Gemeinde vom Landesverwaltungsamt aufgefordert, zu dem Vorhaben eine Stellungnahme abzugeben. "Als klar wurde, dass seitens des Investors tatsächlich die Absicht vorlag einen Bauantrag zu stellen und das Genehmigungsverfahren angeschoben werden sollte, da begann sich in Schwarzholz Widerstand zu regen", blickt Olaf Schmidt, Sprecher der Bürgerinitiative (BI) gegen die Hähnchenmastanlage Schwarzholz, zurück. Doch nicht nur viele Einwohner aus Schwarzholz, sondern auch die damals noch eigenständige Gemeinde sah das Vorhaben sehr skeptisch. Und diese Skepsis übertrug sich mit der Gebietsreform 2011 auch auf den neuen Gemeinderat Hohenberg-Krusemark. Auch gegenüber dem neuen, größeren Gremium hatte Investor Schlichting das Vorhaben vorgestellt. Doch überzeugen konnte er den Gemeinderat nicht.

Wie Olaf Schmidt ausführt, wurde 2011 auch beim Landesverwaltungsamt (LVwA) Halle der Genehmigungsantrag für den Bau eines riesigen Hähnchenmastbetriebes in Schwarzholz gestellt. "Plötzlich sollte sogar eine 460000er Anlage errichtete werden. Herr Schlichting hatte sich noch einen weiteren Investor aus dem Emsland mit ins Boot geholt", erinnert sich Schmidt. "Wie wir wissen, ist der Co-Investor schon seit langem für einen großen Futtermittelhersteller tätig."

Nach einer pflichtgemäß durchgeführten Auslegung der Unterlagen sollte die Gemeinde Hohenberg-Krusemark im Rahmen der Planung der Anlage ihr Einvernehmen geben.

In dieser Phase kam heraus, dass der damalige Bürgermeister der Gemeinde Hohenberg-Krusemark, Ralf Bergmann, für den Investor ein Gutachten erstellt hatte. Darüber war weder dem Rat noch der BI im Vorfeld jedoch etwas bekannt. Die Folge war der Rücktritt Bergmanns vom Bürgermeisteramt. Dirk Kautz wurde kommissarischer Bürgermeister und etwas später regulär zum Bürgermeister gewählt.

Nach ausführlicher Beratung und Diskussion über die geplante Hähnchenmastanlage hatte sich im Gemeinderat eine klare Mehrheit dagegen herausgebildet. Am 4. Oktober 2011 beschloss das Gremium, dass die Gemeinde ihr Einvernehmen nicht erteilt. Dafür wurde eine Reihe von Begründungen angeführt.

Gefahren durch Emissionen befürchtet

Unter anderem wird moniert, dass die Investition dem Teilflächennutzungsplan der Gemeinde widerspreche. Dies wird als wesentlichster Grund angeführt. Das mehrere Hektar große Areal südlich von Schwarzholz sei laut Teilflächennutzungsplan für die Energieerzeugung und -verteilung vorgesehen. Bürgermeister Kautz weist darauf hin, dass ein Investor dort Interesse bekundet hat, eine Photovoltaikanlage zu errichten. Doch die Kaufoption, über die der Mastanlagen-Investor für das Gelände verfüge, habe dies bisher leider verhindert.

Ein zweiter Grund für die Ablehnung sind die Befürchtungen vieler Anlieger hinsichtlich der Emissionen, die von der Mastanlage ausgehen beziehungsweise ausgehen könnten. "Der Betrieb würde sich nur rund 700 Meter vom Ort Schwarzholz entfernt befinden. Wir befürchten eine massive Belästigung durch Geruch und Staub und große gesundheitliche Gefahren. Forscher warnen längst davor, dass sich von Geflügelmastanlagen antibiotikaresistente Keime ausbreiten. Das kann fatale Folgen für die Menschen in der Umgebung haben", nennt Schmidt einige Beispiele. Auch Kautz teilt diese Bedenken.

Weiterhin führt die Gemeinde an, dass es keine ausreichende Verkehrsanbindung gebe. Mit dem Betrieb der riesigen Anlage wäre eine enorme Steigerung des Schwerlastverkehrs verbunden. Dadurch würde nicht nur die Bevölkerung leiden, sondern auch die Straßen im Ort und der Umgebung Schaden nehmen.

Ein weiterer wesentlicher Grund für die Ablehnung sind erhebliche Bedenken hinsichtlich des Artenschutzes. Diesbezüglich hatte die BI ein unabhängiges Gutachten anfertigen lassen. Eines der Ergebnisse: In dem nur unweit entfernt liegenden Schwarzholzer Wald gibt es ein Schwarzstorch-Vorkommen und auf dem für die Anlage vorgesehenen und angrenzenden Gelände gibt es eine Population von Zauneidechsen - beides Arten, die auf der Roten Liste stehen.

Über 3600000 Masthähnchen pro Jahr?

Schmidt: "Aber wir als BI haben noch weitere erhebliche Bedenken gegen die Anlage. In dem Betrieb sollen 460000 Tiere zeitgleich gemästet werden - in einem Durchlauf. In einem Jahr soll es aber acht Mastdurchläufe geben. Das heißt, pro Jahr würden in der Anlage zirka vier Millionen Tiere gemästet und zur Schlachtreife gebracht werden. Das ist Massentierhaltung von unverantwortlichem Ausmaß." Der Investor hat bisher keine Zeichen erkennen lassen, von den Vorhaben abzurücken. Im Gegenteil. Wie Schmidt und Kautz erläutern, soll der Investor versucht haben, das von der Gemeinde abgegebene Einvernehmen über das LVwA ersetzen zu lassen. Der Flächennutzungsplan der Gemeinde sei in Frage gestellt worden.

Jedoch sei der Investor vom LVwA im Dezember 2012 darüber unterrichtet worden, dass die Genehmigung für die Mastanlage nicht erteilt werden könne - aus bauplanungsrechtlichen Gründen. Darüber wurde auch die Gemeinde informiert. In der regulären Frist, so der BI-Chef, habe der Investor in dieser Angelegenheit auch nichts weiter unternommen. "Wir sind Ende 2012 davon ausgegangen, dass unser Kampf erfolgreich war, dass dem Investitionsvorhaben eine Absage erteilt wurde. Aber das war ein Irrtum", berichtet Schmidt. "Im Mai 2013 hat das LVwA unsere Gemeinde darüber informiert, dass die Planung für die Mastanlagen durch den Investor weitergeführt werden könne, weil angeblich kein Teilflächennutzungsplan existiere." Laut Kautz hat wiederum die Gemeinde dagegen Widerspruch eingelegt.

Dann wurde es wieder für längere Zeit ruhig - aus Sicht der Gemeinde und der BI zu ruhig. Im Januar dieses Jahres fuhren Kautz und Schmidt zum LVwA, um sich direkt vor Ort nach dem Stand der Dinge zu erkundigen.

Gemeinde fühlt sich vom LVwA "hingehalten"

Dort sind die beiden Gemeindevertreter darüber informiert worden, dass seitens des Investors keine neuen prüffähigen Unterlagen für das Vorhaben eingegangen sind. Die Altmärker hatten gegenüber dem LVwA unter anderem auf das Problem des bisherigen jahrelangen Prozederes hingewiesen und dass der Gemeinde dadurch ein Schaden entstehe, weil das Gelände nicht anderweitig genutzt werden kann. Schmidt und Kautz hatten vom LVwA die Information bekomme, dass dem Investor eine Frist für das Neueinreichen der Planungsunterlagen bis zum 11. Februar 2014 gesetzt wurde. Danach sollte dem Investor bei Nichtvorlegen neuer prüffähiger Unterlagen die Errichtung einer Hähnchenmastanlage als nicht genehmigungsfähig zurückgewiesen werden. "Die Frist ist längst verstrichen, doch passiert ist wieder einmal nichts. Es kommt uns längst so vor, als würden wir einfach nur hingehalten."

Kautz und Schmidt kritisieren auch, dass die genehmigungsrechtliche Phase für die geplante Mastanlage noch nach dem alten Baugesetz behandelt werde, obwohl zwischenzeitlich ein neues Baugesetz in Kraft getreten ist, in welchem die Kommune ein deutlich stärkeres Mitspracherecht habe.

Schmidt betont: "Wir verlangen als BI und als Gemeinde, dass unter die bisherige Planung endlich ein Schlussstrich gezogen wird." Und Bürgermeister Kautz fügt hinzu: "Für mich ist der Beschluss des Gemeinderates bindend. Das Vorhaben wurde abgelehnt und ich bin persönlich nach wie vor der Meinung, dass man eine solche Anlage hier nicht genehmigen kann."