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Seehäuser Pädagogen ziehen positive Bilanz / Ein Zurück gibt es nicht mehr Gemeinschaftsschule ist offenbar ein Erfolgsmodell

Von Ralf Franke 13.08.2014, 03:13

Mit der Gemeinschaftsschule ist eine zukunftsfähige Bildungsform gefunden, die immer mehr Einrichtungen übernehmen. Auch in Seehausen sind die Pädagogen mit den Ergebnissen nach einem Jahr sehr zufrieden, was aber auch einem ganz speziellen Konzept geschuldet sein dürfte.

Seehausen l Wenn Petra Schmidt (Klasssenlehrerin der 5a) und Ramona Reck (5b) über "ihre" Gemeinschaftsschule Seehausen erzählen, dann in der Regel mit leuchtenden Augen. Sie haben offenbar auch allen Grund zur Zufriedenheit. Denn das erste Schuljahr hat nicht nur ihre Erwartungen, sondern auch die vom Leiter der Gemeinschafts- und Sekundarschule, Axel Giebe, erfüllt. Dazu betonte kürzlich erst Sachsen-Anhalts Bildungsminister Stephan Dorgerloh, dass im positiven Sinn des Wortes Bewegung in die Schullandschaft gekommen ist.

Keine Konkurrenz zum Gymnasium

Der Sinn der Gemeinschaftsschule erklärt sich schon im Begriff. Heißt: Die Mädchen und Jungen beziehungsweise deren Eltern stehen nicht mehr unter dem Entscheidungsdruck, sich nach der vierten Klasse zwischen Realschule und Gymnasium entscheiden zu müssen. Denn die Kinder können länger gemeinsam - vielleicht sogar im gleichen Klassenverband - lernen und sich ausprobieren. Das erspart eventuell die Enttäuschung, vom Gymnasium zurück an die Sekundarschule zu wechseln und lässt auch Spätstartern bis zur 8.Klasse alle Türen offen.

Die Gemeinschaftsschule ist dabei keine Konkurrenz zum höheren Bildungsweg. Das Osterburger Markgraf-Albrecht-Gymnasium ist vielmehr offizieller Kooperationspartner - so wie die Osterburger Sekundarschule ab September den Schulterschluss mit dem Fachgymnasium der Berufsbildenden Schulen in Stendal üben will. Die Unterrichtspraxis ist vor allem eine Herausforderung für die Pädagogen, die potenzielle Gymnasiasten, Real- und Hauptschüler, aber auch Kinder mit Lernschwächen nach ihren Fähigkeiten fördern und fordern sollen. Und das, ohne personell privilegierter als die traditionelle Sekundarschule zu sein. Einzige Neuerung, die diese Form der Inklusion mit sich bringt, ist ein Lehrer, der für die Schüler mit besonderem Förderbedarf mit im Boot sitzt. Ansonsten sind neben pädagogischen vor allem auch logistische Fähigkeiten gefragt, was unter anderem heißt, dass es klassenübergreifende Aktionen gibt oder bei Bedarf Gruppen gebildet werden. Nicht zuletzt ist bei den Mädchen und Jungen deshalb eigenständiges Lernen und Disziplin gefragt, womit das besondere Konzept der Seehäuser Gemeinschaftsschule ins Spiel kommt, die im neuen Unterrichtsjahr dann bereits aus vier Klassen (zwei sechsten und zwei neuen fünften) bestehen wird.

Die Eckpfeiler der Verhaltensnorm, der sich die Schüler der ersten fünften Klassen vor zwölf Monaten von Anfang an unterordneten, sind in der Gemeinschaftsschule an mehreren Stellen präsent. Die Kinder, so die beiden Klassenlehrerinnen, haben die Regeln, die für einen leisen, freundlichen und friedlichen Umgang miteinander stehen, erstaunlich schnell verinnerlicht. Weder eine Prügelei noch zerrissene Jacken oder sonstige Aggressionen gab es im ersten Jahr zu protokollieren. Wenn die Kinder auffällig werden - und das werden sie immer häufiger - dann, weil sie ihre Umgangsformen auch draußen nicht vergessen, wenn die Klassen zum Beispiel für diverse Projekte auf Exkursion sind. Aber auch die Fachlehrer aus der eigenen Schule nehmen den Wandel der Kinder wahr.

Kinder selbstbewusster und selbstkritischer

Dass die Fünftklässer mit dem Altbau einen eigenen Gebäudekomplex für sich haben, die Mahlzeiten alleine einnehmen und ihren eigenen Schulhof nutzen, war für ein schnelles Umsetzen der Verhaltensregeln sicher ebenso nützlich wie bestimmte Rituale (zum Beispiel Morgenkreis) oder Gesten, die das Anheben der Stimme überflüssig machen. Dafür, dass die räumliche Aufteilung im früheren Winckelmann-Gymnasium auch weiter funktioniert, wenn die Gemeinschaftsschule expandiert, während die Sekundarschule schrumpft, dafür ist gesorgt.

Dabei sind die Gemeinschaftsschüler weit davon entfernt, Duckmäuser zu werden. Im Gegenteil. Selbstsicheres Auftreten, freies Sprechen, Meinungsfreiheit und -vielfalt der Elf- und Zwölfjährigen werden durch Projektpräsentationen gefördert. Zudem werden die Mädchen und Jungen, die sich ihrer besonderen Rolle auch außerhalb der Schule bewusst sind, im Unterrichtsalltag dazu angehalten, sich selbst realistisch einzuschätzen, Schwächen sowie Stärken zu erkennen und dabei den Spaß am Lernen trotzdem nicht zu verlieren. Letzterer kommt auch bei den Klassenlehrerinnen nicht zu kurz, für die es in Sachen Gemeinschaftsschule kein Zurück mehr gibt.