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Erzieherinnen gehen unterschiedlich mit dem Thema um / Abstriche bei Ausflügen in die Natur Tagesstätten richten sich auf den Wolf ein

Von Ralf Franke 30.05.2015, 03:17

Hysterie will niemand schüren. Aber in den meisten Kindereinrichtungen der Verbandsgemeinde Seehausen spielen Wolfssichtungen eine mehr oder weniger große Rolle im Tagesgeschäft.

Seehausen l Egal, ob man ihn verteufelt oder willkommen heißt, der Wolf ist in der Altmark angekommen und in aller Munde. Mittlerweile fühlt sich Meister Isegrim so wohl, dass selbst Naturschützer nach einem PlanB rufen.

Auch in den Kindertagesstätten ist der Wolf inzwischen ein Thema. Spätestens, seit Verbandsgemeindebürgermeister Robert Reck kürzlich eine Anordnung rausschickte, wonach in den Kindereinrichtungen die Zäune kontrolliert und gegebenenfalls repariert werden sollen. Es könne auch von anderen Tieren Gefahr drohen, relativiert der Verwaltungs-Chef, räumt aber ein, dass der Wolf schon ein wichtiger Teil des Gedankenspiels war.

Zäune sind gesichert

In den Tagesstätten, die zum Teil Namen tragen, die darauf hinweisen, wie sehr sich der Nachwuchs und seine Betreuer mit der Natur auch außerhalb ihrer Einfriedung verbunden fühlen, wird mit der möglichen Gefahr sehr unterschiedlich umgegangen.

Bei den "Deichbibern" in Beuster spielen zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen bei Ausflügen ins Umfeld noch keine Rolle. Und auch bei den "Wichtelhäusern" in Kossebau ist in diesen Tagen alles wie gehabt, ließ Leiterin Kornelia Krüger wissen. Es gebe kein Waldverbot oder ähnliches, was die Entdeckerfreude der Mädchen und Jungen einschränken könnte. In der Kita "Schwalbennest" in Groß Garz sehen die Erzieher nach Rücksprache mit Förster und Amtstierarzt ebenfalls keine Veranlassungen für Einschränkungen.

Ganz anders ist der Tenor zum Beispiel in der Krüdener Kita "Waldwichtel". Leiterin Silvia Müller räumt ein, dass die Ausflüge weniger geworden seien, seit ein Jäger in der Nachbarschaft mit einer Wildkamera einen Wolf gesichtet habe. Das Waldfüchse-Projekt werde nur mit der entsprechenden Begleitung durch Forstamtsmitarbeiter fortgesetzt. Ihre Kolleginnen weiß sie dabei hinter sich.

Lieber Park als Wald

Auch in Schönberg wird die Bewegungsfreiheit der "Deichknirpse" zu Gunsten des Artenschutzes eingeschränkt. Doris Bock wählt statt des rund einen Kilometer entfernten Waldes inzwischen den örtlichen Park als Alternative aus. Zumal es Eltern gibt, die entsprechende Sorgen geäußert haben.

In Auslosen machen sich Kerstin Grünwald und Kolleginnen auch ihre Gedanken. Allerdings haben die Ausflüge ins Umfeld ohnehin schon wegen des massenhaften Auftretens des Eichenprozessionsspinners abgenommen.

In den beiden Seehäuser Tagesstätten Lindenpark und Klosterschulplatz versuchen die Mitarbeiterinnen um Birgit Geiseler Normalität zu wahren, den Kindern den Spaß im Wald in Rücksprache mit "ihrem" Förster nicht zu nehmen. Allerdings belässt es die Einrichtungsleiterin längst nicht mehr nur bei einer pauschalen Ausflugsgenehmigung pro Jahr. Die Eltern müssen jetzt immer wieder ihre Zustimmung geben. Und zumindest eine Mutti habe diese schon verweigert, räumt Birgit Geiseler ein. Mit zusätzlichen Genehmigungen sichern sich auch Petra Olschewski und Kolleginnen bei den "Wirbelwinden" in Geestgottberg ab.

Aus der Kita Bretsch gab es keine Auskunft.

Zu der war Andreas Berbig von der Biospährenreservatsverwaltung in Arneburg indes gern bereit. Der Wolfsfachmann hat zwar Verständnis für das Misstrauen gegenüber dem Wolf, hält Angst allerdings für überflüssig. Dass der graue Jäger Kinder anfalle wie bei "Rotkäppchen", sei was es ist - ein Märchen. Entsprechende Fälle seien nicht nachweisbar. Auch wenn der Wolf über ein gewisses Maß an Neugier verfüge, rät er zwei Erzieherinnen, die mit einem Dutzend Kinder unterwegs sind, für den Begegnungsfall nichts anderes als allen anderen Spaziergängern: Laut und selbstbewusst langsam den Rückzug antreten. Was in Fall wörtlich genommen werden darf. Heißt: Sich nicht kleiner machen als man ist und schon gar nicht vor dem Wolf verstecken.