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Circus Alamos gastiert noch bis Sonntag in Seehausen / Unternehmen mit sozialer Komponente Ersatzfamilie für "Problem-Jugendliche"

Von Andreas Puls 31.08.2012, 05:33

In Seehausen ist wieder Zirkuszeit. Auf dem Festplatz "Am Ess" hat der Circus Alamos sein Zelt aufgebaut. Bis zum Sonntag gibt es täglich Vorstellungen. Das Mecklenburger Familienunternehmen ist aber mehr als ein Zirkus. Es kümmert sich auch um verhaltens-auffällige Jugendliche.

Seehausen l Einen sehr ordentlichen Eindruck macht das Alamos-Zirkuslager auf dem Festgelände Am Ess. Den Mittelpunkt bildet das große Zelt, das 500 Zuschauern Platz bietet. Rundherum angeordnet stehen Lkw und farbenfrohe Anhänger, Wohnwagen, Tiergehege. Alles ist noch einmal eingezäunt. "Leider gibt es schwarze Schafe unter den Zirkusunternehmen, die zum Beispiel ihren Müll liegen lassen oder in irgendwelchen Städten einfach stehen bleiben, weil sie - mehr oder weniger pleite - nicht in der Lage sind, weiterzuziehen oder über kein Winterlager verfügen", sagt Christine Zinnecker, Ehefrau des Zirkuschefs Stefan Zinnecker.

"Solche Vorkommnisse verschlechtern den Ruf unserer Branche in einer ohnehin wirtschaftlich schwierigen Zeit", fügt die leidenschaftliche Zirkusfrau hinzu. "Wir wollen unseren Beitrag leisten, den Ruf wieder aufzupolieren."

Den Circus Alamos gibt es nunmehr in der siebten Saison. Seinen Sitz hat das Unternehmen in Röbel an der Müritz. Zehn Leute gehören dazu - allesamt Allround-Talente. "Wir machen mit beim Auf- und Abbau, sind Tierpfleger, Zirkuskünstler, Eltern und nicht zuletzt Erzieher."

Jugendliche erlernen im Zirkus das geregelte Leben

Letzteres Wort betont die Zirkuschefin besonders. Denn seit sechs Jahren ist der Zirkus Projektpartner in Sachen Betreuung und Erziehung schwer erziehbarer Jugendlicher. Zinnecker: "Wir arbeiten mit Jugendämtern zusammen und nehmen Jugendliche bei uns auf, die in ihrem heimischen Umfeld nicht zurecht kommen. Es sind verhaltensauffällige junge Leute mit erheblichen Lerndefiziten. Sie bleiben zumeist über mehrere Jahre - bis zur Volljährigkeit - bei uns und erlernen hier ein geregeltes Leben. Dazu gehört auch das Übernehmen von Verantwortung - für sich selbst, aber beispielsweise auch für Tiere. Die Zirkusmitglieder bilden eine Ersatzfamilie für die Probanden."

Wie die zweifache Mutter weiter ausführt, ist sie für die Jugendlichen nicht nur die wichtigste Erzieherin, sondern auch Lehrerin. "Täglicher Unterricht steht auf dem Programm. Aber mit herkömmlicher Schule lässt sich das nicht vergleichen. Manchmal klappt es für zwei bis drei Stunden mit dem Lernen, manchmal nur für zehn Minuten. Es sind eben Jugendliche mit erheblichen Konzentrationsproblemen. Darum steht auch die Praxisorientierung im Vordergrund, das Lernen durch geregeltes Leben." Ein bis zwei Jugendliche werden im Circus Alamos üblicherweise betreut. Derzeit ist es ein junger Mann. Er hat seinen eigenen Wohnwagen und macht bei allem mit, was zum Zirkusleben dazu gehört. Selbst im Programm wirkt er mit. "Er spielt eine Clownerie-Nummer und kommt damit sogar gut beim Publikum an", freut sich Christine Zinnecker. Mit den Jugendlichen habe der Zirkus fast durchweg gute Erfahrungen gemacht.

Ein Blick auf das Programm, das die Zirkusfreunde beim Circus Alamos erwartet: Zu sehen gibt es unter anderem einen der besten Messerwerfer Deutschlands, temporeiche Hula-Hoop-Spiele, Luftakrobatik auf hohem Niveau, eine Feuer-Fakirshow und verschiedene Tierdressuren. Außerdem wird unter anderem Clown Charlie Groß und Klein zum Lachen bringen. "Wir stellen uns als einer der schönsten Familiencirkusse Deutschlands vor", heißt es in der Programmvorschau.

Die Vorstellungen beginnen heute um 17 Uhr und morgen um 16 Uhr. Die letzte Show findet am Sonntag ab 16 Uhr statt. Der Kartenverkauf beginnt eine Stunde vor den Vorstellungen. Auch Kartenvorbestellungen sind möglich (Telefon: 0163/3343767). Birgit Zinnecker zeigt sich zuversichtlich, dass viele Gäste kommen werden. Denn das letzte Zirkusgastspiel in Seehausen liegt schon Monate zurück. Im März machte der Raubtier-Circus Humberto in der Wischestadt Station, der übrigens von Stefan Zinneckers Vater geleitet wird.