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Personalie Dörre zeigt bizarren Züge im Klinik-Konkurrenzkampf Ein Chefarzt mit zwei Arbeitgebern

Dr. Ralf Dörre hat derzeit offenbar zwei Arbeitsverträge: Die
Helmstedter Helios-Klinik präsentierte ihn am Montag als neuen Chefarzt
ab 1. Februar, allerdings hat der Neurochirurg noch bis 30. Juni einen
Arbeitsvertrag mit dem Altmark-Klinikum. Unterschrieben hat sie jeweils
Matthias Hahn.

Von Philip Najdzion und Marc Rath 08.01.2014, 01:06

Gardelgen l Es sollte ein "klares Signal nach außen" werden, als sich am 3. April des vorigen Jahres mit Olaf-Lutz Noissier, Dr. Thomas Buthut und Dr. Ralf Dörre gleich drei neue Chefärzte für das neue chirurgische Zentrum im Gardeleger Altmark-Klinikum vorstellten. Die Schlagzeilen um die Trennung von Chefarzt Dr. Bernd Falkenberg und die Vorwürfe um unnötige Wirbelsäulenoperationen wollte man hinter sich lassen - "meine Sinnesorgane sind, wie bei allen anderen Menschen, nach vorn gerichtet", formulierte es Buthut.

Inzwischen hat das Trio selbst nach nicht einmal einem Jahr Gardelegen hinter sich gelassen - und das unter durchaus merkwürdigen Umständen. Olaf-Lutz Nossier kehrte dem Klinikum bereits im Mai den Rücken.

Ihm folgte im September Buthut. Der langjährige Chefarzt für Allgemein-, Viszeral- und Minimalchirurgie und Leiter des Darmkrebszentrums der Ruppiner Kliniken in Neuruppin war nach Gardelegen gelockt worden, in dem man für seine Ehefrau eigens eine neue Stelle in der Personalverwaltung geschaffen hatte. Aus der Fontanestadt kam auch Dörre.

Geholt hatte das Trio der ehemalige Geschäftsführer Matthias Hahn. "Dr. med. Ralf Dörre bringt umfangreiches Wissen und große Erfahrungen in den konservativen und operativen Therapiebereichen der Wirbelsäulen- und Nervenerkrankungen mit", lobte Hahn - nunmehr Geschäftsführer der Helmstedter St.-Marienberg-Klinik des Helios-Konzerns - am Montag den 44-jährigen Mediziner.

Pressemitteilung vom Montag sorgt für Irritationen

Ab 1. Februar soll Dörre in Helmstedt die neue Abteilung für Wirbelsäulen- und Neurochirurgie aufbauen, teilte das Klinikum in einer Pressemitteilung am Montag mit. Auf Nachfrage ergab sich gestern Überraschendes: Dr. Dörre arbeitet bereits in Helmstedt. Allerdings hat der Chirurg noch einen bis Ende Juni gültigen Vertrag in Gardelgen.

Doch für seine Patienten war Dörre schon seit Wochen kaum mehr zu sprechen - auch mehrere Rückrufbitten der Volksstimme ignorierte er. Krankschreibung um Krankschreibung gingen stattdessen bei der Klinikum-Verwaltung ein.

Dörre zu Patienten: "Zur Nachbehandlung sehen wir uns in Helmstedt."

Für einige seiner Patienten dürfte der Wechsel zu Helios keine Überraschung sein. Dörre soll mehrere im Herbst bereits mit den Worten "Zur Nachbehandlung sehen wir uns dann in Helmstedt" verabschiedet haben.

Der Volksstimme liegen zudem Aussagen vor, wonach der Wirbelsäulen-Spezialist im Dezember Gast bei einem Fachkongress in Frankfurt gewesen sei.

Ende November hieß es aus Belegschaftskreisen des Klinikums, der Neurochirurg wolle ins benachbarte Niedersachsen wechseln. Auch Berlin galt in der Gerüchteküche als mögliche Variante, zumal Dörre darauf verwies, dass die hiesige Region - wozu indes auch Helmstedt zu zählen ist - für seine Frau und Familie nicht attraktiv genug sei.

"Helios St. Marienberg Klinik Helmstedt erweitert Leistungsspektrum um Wirbelsäulen- und Neurochirurgie", begrüßt Hahn nun per Pressemitteilung Dörre, den er damit binnen eines Jahres ein zweites Mal einstellt. In dem Text wird in Dörres Vita die Station in Gardelegen übrigens komplett ausgeblendet.

Ob der Facharzt für Neurochirurgie überhaupt so schnell schon nach Helmstedt wechseln kann, bedarf noch einiger Gespräche in Gardelegen. Denn am Altmark-Klinikum besitzt Dörre noch einen bis zum 30.Juni gültigen Vertrag. Er hatte im Dezember seine Kündigung eingereicht (Volksstimme berichtete) und wollte den Vertrag "aus gesundheitlichen Gründen" zum Jahresende aufheben.

Expansion in Gardelegen mit erheblichen Nebenwirkungen

Allerdings sind "die arbeitsvertraglichen Regelungen noch nicht geklärt", betont Klinikum-Geschäftsführer Matthias Lauterbach. Er unterstreicht, dass man in Gardelegen an einer einvernehmlichen Trennung interessiert sei. "Wir haben eine Lösung angeboten, aber noch keine Reaktion erhalten", sagt Matthias Lauterbach.

Der Hahn-Nachfolger in Gardelegen war am Montag von der Nachricht aus dem Hause Helios "sehr überrascht" und findet die Prozedur "etwas ungewöhnlich". Nachdem er gestern erfahren hatte, dass Dörre bereits seit Anfang Januar in Helmstedt arbeitet, kündigte Lauterbach an, rechtliche Schritte zu prüfen. Weiter wollte er sich zu dem Vorgehen des Chefarztes allerdings nicht äußern.

Hahn lässt in der Pressemitteilung keinen Zweifel daran, wohin seine Strategie geht: "Klinik spezialisiert sich weiter mit neuem Chefarzt". Ralf Dörre, mit dem übrigens auch Facharzt Babak Salimi von Gardelegen nach Helmstedt wechselt, "steht zukünftig Patienten aus dem Landkreis Helmstedt und dem angrenzenden Sachsen-Anhalt zur Verfügung".

Expansion war schon zu Gardeleger Zeiten Hahns Passion - mit etlichen Nebenwirkungen.