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Die ehemalige Lehrerin Anni Burandt bekam zu ihrem 99. Geburtstag Besuch von vier früheren Schülern "Ich muss ja damals sehr beliebt gewesen sein"

24.03.2014, 01:24

Eine enges Schüler-Lehrer-Verhältnis ist heute alles andere als selbstverständlich. Dass es auch anders geht, bewiesen am Sonnabend vier ehemalige Schüler der pensionierten Lehrerin Anni Burandt.

Von Melanie Mielke

Salzwedel l "Schauen Sie mal hier Frau Burandt, das auf dem Foto sind Sie", "Ja, aber da war ich noch ein wenig jünger". Das Foto, das Anni Burandt und ihre ehemalige Schülerin Margret Gerke betrachten, zeigt Burandt im Alter von 25 Jahren. Anni Burandt ist pensionierte Lehrerin und am 18. März 99 Jahre alt geworden. Aus diesem Grund hatten sich ihre ehemaligen Schüler Brigitte Müller, Margret Gerke, Manfred Reuer und Helmut Kauscheim am Sonnabend im Seniorenzentrum "Vita" eingefunden, um ihr zu gratulieren.

"Ich muss ja wirklich beliebt gewesen sein, wenn ihr heute noch an mich denkt", staunt Burandt. Auf die Frage, weshalb sie so beliebt war, antwortet Manfred Reuer: "Sie war gerecht zu allen, hat niemanden bevorzugt." Reuer hatte diese kleine Feier organisiert.

Anni Burandt war von 1957 bis 1965 die Lehrerin der Vier. Am Sonnabend schwelgen sie in Erinnerungen. "Sie kam immer mit einem Motorroller zur Schule. Wenn sie dann an mir vorbei fuhr, habe ich vor lauter Ehrfurcht immer einen Knicks gemacht, auf dem Fahrrad wohlgemerkt. Sie hat mir dann immer ganz huldvoll zugewunken", erzählt Brigitte Müller lachend. Manfred Reuer erinnert sich, dass Anni Burandt, "damals hieß sie noch Fräulein Preiß, immer vor mir bei meinen Eltern zu Hause war, wenn ich aus der Schule kam. Meine Mutter wusste also immer schon, was ich angestellt hatte."

Ohnehin habe die Lehrerin immer versucht engen Kontakt zu den Familien zu halten. Auch wenn es Positives zu berichten gab, erfuhren die Eltern davon. Helmut Kausche erinnert sich daran, dass er des Öfteren nachsitzen musste. "Das war aber anders als heute. Statt in der Schule zu bleiben, musste ich ihren Garten umgraben." Manfred Reuer fügt hinzu: "Ich habe als Strafarbeit bei ihr auch schon Holz hacken müssen." Trotzdem bezeichnen alle vier das Verhältnis zu ihrer Lehrerin als "ausgezeichnet". Die Klasse von Anni Preiß, heute Burandt, sei nicht sehr groß gewesen. "Der Kern bestand aus zwölf Schülern. Es wurden dann zwischendurch auch mal weniger, weil einige sitzen geblieben sind", erzählt Margret Gerke.

Die ehemaligen Schüler waren zu Burandts 95. Geburtstag schon einmal in Salzwedel gewesen. "Da waren wir noch einige Leute mehr", weiß Brigitte Müller. Aber in der Zwischenzeit seien auch einige ehemalige Klassenkameraden verstorben. Den Ausschlag für diese regelmäßigen Treffen habe die Feier zu 110 Jahren Perver-Grundschule gegeben. "Als wir damals eingeschult wurden, hieß sie noch Geschwister-Scholl-Schule", erklärt Reuer.

Bis heute Lehrerin mit Leib und Seele

Anni Burandt sei Lehrerin mit Leib und Seele gewesen, berichten ihre ehemaligen Schüler. Ein Zustand, der bis heute anhält, weiß das Pflegepersonal, das sich mit der ehemaligen Lehrerin auf Englisch unterhält. "Wenn wir einen Fehler machen, korrigiert sie diesen auch", erzählt einer, der Pfleger im Seniorenheim. Überhaupt sei Anni Burandt für ihre 99 Lebensjahre noch topfit.

Die Fotos, die Margret Müller ihr hingelegt hat, beschäftigen sie besonders. Gemeinsam mit ihren ehemaligen Schülern versucht sie zu ergründen, wer alles auf den Fotos zu sehen ist. Ein schwieriges Unterfangen, denn ihre Sehkraft hat ein wenig nachgelassen. Eine Lupe als Sehhilfe lehnt sie jedoch genauso konsequent ab, wie ein Hörgerät. "Sie hat eben ihren eigenen Kopf", heißt es dazu vom Pflegepersonal.

Immer mehr Erinnerungen von Lehrerin und Schülern kommen während des Besuches ans Licht. "Wisst ihr noch, dass wir am Anfang gar keine Hefte hatten, sondern auf Schiefertafeln schreiben gelernt haben", fällt Brigitte Müller ein. Ganz besonders im Gedächtnis geblieben ist Helmut Kausche die Frisur seiner Lehrerin. "Sie hatte schwarze Haare und eine weiße Strähne mittendrin", erzählt er.

Zum Abschied versprechen die Ehemaligen: "Zu Ihrem 100. Geburtstag fahren wir mit Ihnen zu ihrer alten Wohnung in den Südbockhorn."