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Rote Karte für Pöbeleien

17.05.2014, 01:15

Über seine Erfahrungen mit Homophobie sprach Volksstimme-Redakteurin Antje Mewes mit Christian Franke, Queerpolitischer Sprecher, der Grünen in Sachsen-Anhalt.

Volksstimme: Gibt es homophobe Tendenzen im Altmarkkreis?

Christian Franke: Der Altmarkkreis fällt im Vergleich zu anderen Regionen Sachsen-Anhalts nicht auf. Dennoch ist auch hier das gebräuchlichste Schimpfwort auf Schulhöfen "schwule Sau". Geht man mit seinem gleichgeschlechtlichen Partner Hand in Hand durch Orte in der Altmark kassiert man mindestens Schiefe blicke und teilweise dumme beleidigende Sprüche.

Wie schätzen Sie die Akzeptanz für gleichgeschlechtliche Paare im Altmarkkreis ein?

Meine Erfahrung zeigt mir, dass mehr Homosexuelle als früher in ihrem Lebensumfeld akzeptierte und angesehene Persönlichkeiten sind. Das gilt auch für den Altmarkkreis. Dennoch gibt es Berufe, in denen ein Outing heute immer noch schwer ist. Mit dem Aufbrechen klassischer Rollenbilder ist bei Heterosexuellen eine Verunsicherung über ihr eigenes Selbstverständnis entstanden. Die durch fehlende Aufklärung entstehende Verwirrung drückt sich oft in der Ablehnung dessen aus, was nicht der Mehrheitsgesellschaft entspricht. Darunter haben Homosexuelle von der Schulzeit bis ins Alter zu leiden.

Sollte es mehr Öffentlichkeitsarbeit geben?

Ländliche Regionen weisen in der Regel mehr Homophobie auf als Städte. Für viele junge Schwule und Lesben die ich kenne, bietet die Altmark auch deshalb keine gute Lebensperspektive, weil sie in größeren Städten freier leben können. Wenn wir von rund 5 bis 10 Prozent homosexuellen Jugendlichen ausgehen, besteht ein öffentliches Interesse diesen jungen Leuten das Leben hier attraktiver zu machen - und zwar durch mehr Akzeptanz. Dies kann man durch lokale Aktionspläne gegen Homo- und Transphobie erreichen, die Aufklärungsarbeit an Schulen und durch die Träger der Jugendhilfe, sowie Gleichstellungsbeauftragte beinhalten. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die zum Beispiel den Kreissportbund und die Fußballvereine in die Pflicht nimmt, homophoben Pöbelleien die rote Karte zu zeigen.

Wissen Sie von Repressalien, die Homosexuelle wegen ihrer Sexualität zu erdulden haben?

Ich selbst bin mit einem Freund über den Salzwedeler Weihnachtsmarkt gegangen und musste mir von Jugendlichen eine Beschimpfung gefallen lassen. In Sachsen-Anhalt kommt es jedes Jahr zu gewalttätigen Übergriffen auf Homosexuelle. Die Polizei muss stärker geschult werden, diese klassischen Hassverbrechen als solche zu erkennen und einzustufen.