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Doppelt so viele Asylbewerber wie 2012 / Neue Unterkunft Ende September bezugsfähig Sichere Zuflucht im Altmarkkreis

Von Antje Mewes 20.09.2014, 03:08

Gut 300 Asylbewerber kommen jährlich in den Altmarkkreis und ihre Zahl steigt. 30 neue Plätze sollen Ende September in der Gemeinschaftsunterkunft auf dem Fuchsberg bezugsfähig sein. Landrat Michael Ziche fordert mehr finanzielle Unterstützung vom Land.

Salzwedel l Sie kommen aus dem Irak, Iran, Syrien oder Afghanistan und haben Schreckliches hinter sich. "Die Kinder haben Dinge gesehen, die kein Kind je erleben sollte", sagt Kreis-Dezernent Hans Thiele. Er spricht regelmäßig mit den Flüchtlingen, die in den Altmarkkreis kommen, und was sie berichten macht ihn betroffen. "Zwei Männer haben mir erzählt, dass sie sich das erste Mal seit langem wieder getraut haben, in die Stadt zu gehen, ohne Angst um ihre Familien zu haben", berichtet er. Viele der aus Kriegsgebieten Geflohenen seien traumatisiert. Ein Grund mehr, ihnen eine angemessene Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Außerdem kümmern sich Sozialarbeiter um die Menschen.

Wohnungen für Familien

"Familien wollen wir so schnell wie möglich in Wohnungen unterbringen", erklärt Thiele. In Gardelegen gibt es bereits sechs, in Kalbe fünf und in Salzwedel drei Wohnungen für Asylbewerber. Der Bedarf ist viel höher, aber es sei nicht so einfach, geeigneten Wohnraum zu finden. Im Dachgeschoss der Asylbewerberunterkunft auf dem Salzwedeler Fuchsberg sind 30 neue Plätze entstanden. Sie sollen nun in erster Linie Eltern und Kindern zur Verfügung stehen. "Wir sind im Zeitplan. Am 30. September sollen die Zimmer bezugsfähig sein", erklärt der Dezernent. Sanitäranlagen und Gemeinschaftsküche inbegriffen. "Bisher haben wir alle so untergebracht, dass sie vernünftig leben können", betont Thiele. Er sei auch schon wieder in Verhandlungen, um neuen Wohnraum für Asylbewerber anzumieten.

Mehr als 300 Flüchtlinge nimmt der Kreis pro Jahr auf, doppelt so viele wie noch 2012. Etwa 60 verlassen ihn jährlich wieder, weil sie aus sicheren Ländern kommen oder weil ihr Asylverfahren abgeschlossen und ihr Status anerkannt ist. Wie lange das dauert ist jeweils unterschiedlich, berichtet Thiele. Im Einzelfall kann es sich über Jahre hinziehen.

Für den Kreis sei das eine große Herausforderung, die kaum zu bewältigen ist, sagt Landrat Michael Ziche. Er hat an einem halbjährig stattfindenden Treffen im Innenministerium teilgenommen. "Die Entwicklung ist massiv und wir müssen Maßnahmen ergreifen", erklärt Ziche. Um besser planen zu können sollen nur noch zweimal monatlich Flüchtlinge aus der zentralen Anlaufstelle in Halberstadt in den Kreis kommen.

Kaum zu stemmen

Ungeklärt sei die Finanzierung, die der Kreis kaum noch stemmen könne. 500000 Euro sind bereits für das Bereitstellen neuer Unterkünfte ausgegeben worden, weitere 500000 Euro kommen für den Ausbau des Dachgeschosses in der Asylbewerberunterkunft Salzwedel hinzu.

Und das sei noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Mit rund einer weiteren halben Million Euro rechnet der Landrat als Kosten für den Erwerb einer Liegenschaft in Gardelegen. Dort soll ein alter Wohnblock für Asylbewerber hergerichtet werden.

Die Grundfinanzierung vom Bund werde nach dem Aufwand von 2011 berechnet. "Der Bedarf ist heute doppelt so hoch", sagt der Landrat. Im Finanzausgleichsgesetz für 2013/2014 sei ein Ausgleichsstock von 10 Millionen Euro eingerichtet, um das "finanzielle Delta" abzufangen. Er wurde auf 13 Millionen Euro erhöht und selbst das reiche nicht, um die Defizite auzugleichen. Der Landkreistag fordere daher für 2015 20 Millionen und das Folgejahr 25 Millionen Euro.

Ziche begrüßt die Asylrechtsreform. Gut sei, dass sich Flüchtlinge jetzt schneller Arbeit suchen dürfen und die Residenzpflicht ab dem vierten Monat abgeschafft wird. Asylbewerber sind nicht mehr gezwungen, sich ausschließlich an ihrem Wohnort aufzuhalten.

Auch dass Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien zu sicheren Ländern erklärt wurden, sehe er positiv. Bei all dem stehe für ihn an erster Stelle, den Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten die Hilfe angedeihen zu lassen, die sie benötigen.