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Bevölkerungsentwicklung Salzwedel wird weiter schrumpfen

Entgegen der Wahrnehmung ist die Bevölkerungszahl in Salzwedel weiterhin
rückläufig. Seit 2004 hat die Stadt fast zehn Prozent ihrer Einwohner
verloren. Der Trend wird sich wohl verschärfen.

Von Alexander Walter 13.10.2014, 03:24

Salzwedel l Ausgebuchte Horte, volle Kindertagesstätten und eine aktuelle Prognose zur Schülerzahl, die Mut macht. - Die Nachrichten in den vergangenen Wochen legen den Schluss nahe, dass Salzwedel nach Jahren der Bevölkerungsabnahme endlich die Trendwende geschafft hat. Schon verkündet Oberbürgermeisterin Sabine Danicke, dass die Bevölkerungsprognose des Landes überarbeitet werden muss. Es würden wieder mehr Kinder geboren, heißt es, und mehr junge Leute ziehen in die Stadt. Doch stimmt das?

Die Antwort ist ein Nein mit Sternchen. Richtig ist, dass die Bevölkerung zwischen 2008 und 2013 mit einem Minus von 4,5 Prozent weniger stark abgenommen hat als vom Statistischen Landesamt vorausberechnet (5,86 Prozent). Der große Trend aber, der Rückgang der Einwohnerzahl an sich, ist ungebrochen. Und eine Umkehr ist nicht in Sicht.

Junge Menschen kehren der Stadt den Rücken

Im Gegenteil: Seit 2004 nimmt die Einwohnerzahl in der Hansestadt kontinuierlich ab. So hat Salzwedel - alle heutigen Ortsteile bereits eingerechnet - seit 2004 insgesamt 2516 Einwohner verloren, das entspricht einem Minus von 9,26 Prozent. In keinem Jahr wurden auf dem Gebiet der Gemeinde im selben Zeitraum mehr Kinder geboren als Menschen starben. Und in keinem Jahr zogen mehr Menschen in die Hansestadt als sie verließen.

Anja Weißbach, Sachgebietsleiterin im Bürgeramt, sagt: Vor allem junge Menschen, die in den 1980er und 1990er Jahren geboren wurden, kehren der Stadt den Rücken. Bei älteren Einwohnern dagegen gebe es nur wenige Wegzüge. Gerade die Abwanderung junger Menschen aber ist für die Stadt folgenreich. Denn sie sind es, die durch die Gründung von Familien für Nachwuchs sorgen könnten. Stattdessen wachsen ihre Kinder in den bevorzugten Großstädten Hamburg, Berlin und Leipzig auf.

Und damit nicht genug. Infolge der aktuell niedrigen Geburtenrate und der Abwanderung junger Leute wird in der Zukunft ein sogenannter Echoeffekt entstehen. Das heißt: Der Ausfall der Geburten in der Gegenwart schlägt in der folgenden Generation doppelt zu, weil Mütter, die dann Kinder kriegen könnten, gar nicht erst geboren wurden. Der demografische Wandel verstärkt sich damit selbst.

Altersdurchschnitt ist auf 46 Jahre gestiegen

Wohin die Reise bei gleichbleibendem Wanderungs- und Geburtenverhalten geht, ist an den Zahlen heute schon ablesbar: Die Bevölkerungszahl wird immer schneller abnehmen. Die Menschen werden immer älter - zwischen 2004 und 2014 stieg der Altersdurchschnitt bereits von 42 auf 46 Jahre. Ausgehend von 2008 rechnet das Statistische Landesamt bis 2025 mit einem Einwohner-Minus von 20 Prozent.

Grund zur Freude liefert damit nur die Tatsache, dass der demografische Wandel in Salzwedel im Moment nicht ganz so hart und frühzeitig zuschlägt wie befürchtet. Für die Grundschule Henningen sind die Prognosen dabei so gut, dass die Schülerzahl auf absehbare Zeit über der vom Land geforderten Schülermindestgrenze bleibt. Langfristig aber muss die Stadt sich etwas einfallen lassen, um entweder junge Leute anzulocken oder sich auf die Schrumpfung einzustellen.

Eine echte Umkehr hat übrigens Halle an der Saale geschafft. Verlor die Stadt vor einigen Jahren noch massiv an Einwohnern, so wächst die Zahl inzwischen wieder. Die jungen Bewohner dort lieben vor allem die Universität, die schöne Altstadt und das kreative Klima. Mit einer Uni kann Salzwedel zwar nicht dienen, aber eine schöne Altstadt ist vorhanden. Und vielleicht werden ja Leuchtturmprojekte wie das Kunsthaus auch hier der Flucht junger Menschen wenigstens entgegenwirken.