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29-jähriger Altmärker sitzt schlimmstenfalls bis 2019 / Gericht ordnete Entzug an / Strafkarriere begann bereits 2000 Entzug statt Haft für Kriminellen

Von Marco Heide 12.11.2014, 02:14

Salzwedel l "Wenn Sie sich nicht ändern, werden Sie ihr Leben hinter Gittern verbringen", richtete Amtsgerichtsdirektor Dr. Klaus Hüttermann deutliche Worte an Manuel B. (Namen geändert). Der 29-Jährige gebürtige Hannoveraner, der in einem Dorf bei Dähre wohnte, bis er im April 2014 in die Justizvollzugsanstalt Dessau-Roßlau umziehen musste, hat sich seit Dienstag vergangener Woche vor dem Salzwedeler Amtsgericht wegen insgesamt neun Vorwürfen zu verantworten, die von Diebstahl, über Sachbeschädigung bis hin zu schwerer Körperverletzung reichen (wir berichteten). Gestern fällte das Schöffengericht das Urteil.

Doch bevor es so weit war, sagte noch ein Bekannter des Angeklagten aus. Michael M., der derzeit ebenfalls in Dessau-Roßlau einsitzt, konnte Manuel B. im schwerwiegensten Angeklagepunkt, einer gefährlichen Körperverletzung, entlasten, so dass dieser Tatvorwurf vom Gericht eingestellt wurde. Außerdem trug die Aussage des Zeugen dazu bei, dass ein Einbruchsdiebstahl, den der 29-Jährige begangen haben sollte, nicht als Einbruch nachgewiesen werden konnte, so dass das Gericht von einem einfachen Diebstahl ausgehen musste. Insgesamt sprach ihn das Gericht für acht Taten, die Manuel B. von April bis November 2013 verübt hat, schuldig.

Unterbringung in Klinik

Klaus Hüttermann zog bei der Bemessung des Strafmaßes ein Urteil des Amtsgerichtes Salzwedel vom April diesen Jahres hinzu. Zu diesem Zeitpunkt erhielt der 29-Jährige eine siebenmonatige Freiheitsstrafe. Mit den aktuell verhandelten Vorwürfen ergibt sich für Manuel B. eine Haftstrafe in Höhe von zwei Jahren und zehn Monaten. Außerdem ordnete das Gericht die Unterbringung des Verurteilten in einer Entziehungsklinik an. Der Aufenthalt in dieser Einrichtung wird eins zu eins mit dem Haftaufenthalt verrechnet. Der Sachverständige, der während der Verhandlung ein Gutachten über den Angeklagten präsentierte, geht davon aus, dass B. mindestens eineinhalb bis zwei Jahre für eine erfolgreiche Entziehung brauche. Wenn er allerdings nicht mitarbeite, rücke er sofort wieder in die JVA ein.

Wann der Mann wieder auf freiem Fuß ist, steht in den Sternen. Seit April sitzt er in Dessau-Roßlau mehrere Haftstrafen ab, die noch bis zum 29. Februar 2016 dauern. Allerdings kommen nun zwei Jahr und zehn Monate dazu, was ein Haftende Ende 2018 bedeutet. Wenn sich der 29-Jährige gut im Gefängnis führt, kann sich die Zeit wesentlich verkürzen.

Lange kriminelle Karriere

Dass der Altmärker trotz seiner langen kriminellen Karriere, die bereits im Alter von 16 Jahren begann, noch die Kurve kriegen kann, zeigt der Sachverständige mit seinem Gutachten auf, das dem Verurteilten kein geistig bedingtes asoziales Verhalten attestiert. Vielmehr sei es der Alkohol, der den 29-Jährigen aggressiv mache. "Bei weiterem Alkoholkonsum sind weitere derartige Taten zu erwarten", erklärte Dr. Reiner Friedrich. Für B. spreche, so Friedrich, dass der Verurteilte in der Lage sei, soziale Bindungen einzugehen. Dies bestätigten vor Gericht sowohl die aktuelle Freundin, als auch eine Ex-Freundin, die Manuel B. als liebevoll und fürsorglich beschrieben, wenn er nichts getrunken habe. Selbst sagte der Angeklagte gestern über sich: "Ich bin kein so schlechter Mensch, wie die Akten aussagen. Das macht der Alkohol, deshalb brauche ich die Therapie."

Eines gab Richter Klaus Hüttermann dem Verurteilten abschließend mit auf den Weg: "Wir wollen Sie mit dem Urteil nicht verdammen. Wir machen Ihnen eine Tür auf." Durch diese Tür, die Entzug heißt, müsse der Angeklagte aber allein gehen. "Ihr Einsatz ist massiv gefordert", appellierte Hüttermann an den 29-Jährigen.