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Erster Weltkrieg: Arendsee rief seine Jünglinge und junge Männer zu den Waffen / Blick in das Wochenblatt Militärdienst steht an oberster Stelle

Von Eckehard Schwarz 15.11.2014, 01:16

Die Euphorie, die im Spätsommer 1914 den Ausbruch des Ersten Weltkrieges begleitete, war schnell dahin. Deshalb griff auch das Arendseer Wochenblatt zu obskuren Propagandatexten.

Arendsee l Der Erste Weltkrieg hinterließ auch in der Heimat seine Spuren, waren doch die meisten Männer zur Front eingezogen worden, und vor allem die Frauen und Jugendlichen mussten die Arbeit in den Werkstätten und auf den Feldern verrichten.

Dennoch wurden zu Beginn des Krieges noch sehr gern Pferde vom Arendseer Remonte-Depot von den Bauern aufgekauft. Hier zeigten sich jedoch schon bald die ersten Auswirkungen des Krieges. So suchte das Depot bereits im September 1914 Hafer, Heu und Stroh für die über 400 Pferde in seinen Stallungen, und im Arendseer Wochenblatt war der dringende Aufruf "Die Ernte muß gerettet werden" zu lesen.

Arbeitsfähige Kinder vom Unterricht befreit

Auch an den Schulen fehlten natürlich immer mehr Lehrer durch ihre Einberufung in den Krieg. Um trotzdem den Unterricht für die Kinder zu gewährleisten, wurden die Kreisschulinspektoren ermächtigt, Lehrer an mehreren Schulen unterrichten zu lassen. Wo die Lehrkräfte für einen normalen Unterricht nicht ausreichten, wurde ein Halb- oder Dritteltagsschulbetrieb eingeführt. Dabei erhielten die Schüler der Dritteltagsschule der Ober- und Mittelstufe täglich drei, die Unterstufe zwei Kurzstunden von je 45 Minuten Dauer. Die Kreisschulinspektoren wurden ferner ermächtigt, die größeren und arbeitsfähigen Kinder in allen Fällen zu wirtschaftlichen Hilfeleistungen vom Schulbesuch zu befreien.

Ein Aufruf vom 3. Dezember 1914 zeigt bereits die nachlassende Euphorie der ersten Kriegsmonate: "An unsere Mitbürger! An unsere Jugend! Der Minister ordnet an, dass alle jungen Männer über 16 Jahre sich jetzt unter der Leitung dienstgeübter Männer zusammenfinden sollen, um eine militärische Vorbildung zu erhalten. Sie sollen dadurch fähig werden, dem Vaterland unter Umständen bald wichtige Dienste zu leisten. Der ganze Ernst der Lage unseres Volkes gegenüber den übermächtigen Feinden geht aus dieser Anordnung klar hervor. Darum ist es Ehrenpflicht jedes deutschen Jünglings und Mannes, sich zu äußerster Verteidigung unseres Vaterlandes ausbilden zu lassen. Am 1. Dezember hat eine Sitzung von zehn Herren stattgefunden, die über die notwendige Organisation beraten haben. Wir fordern alle Jünglinge und Männer von 16 - 32 Jahren auf, dem Ruf des Vaterlandes zu folgen und sich an den geplanten militärischen Übungen zu beteiligen. Niemand schließe sich aus. Niemand halte sich für zu gut. Niemand achte seinen Beruf höher als diese Pflicht, diese Pflicht gegen das Vaterland! Es handelt sich hier nicht um Spiel und Vergnügen, sondern um bitter bösen Ernst. Darum den werden wir als Schwächlinge, als Feiglinge angesehen, wer dieser Ehrenpflicht nicht nachkommt. Frauen und Jungfrauen werden den nicht achten, der Vaterlands vergessen seinem Vergnügen nachgeht. Den Meister würden wir als großen Egoisten ansehen, der seinem Lehrling und Gesellen nicht frei gäbe für die Übungsstunden. Ob Kaufmann oder Feuerwehrmann, ob Turner oder Landwirtschaftlicher Schüler, jeder achte sich stolz, ein Deutscher zu sein und dem Geist zu pflegen, der allein uns Sieg und Frieden bringen kann, den Geist der Zucht und Wehrhaftigkeit. Alle, die es treu mit unserem Vaterlande meinen, wollen sich am Freitag, den 4. Dezember, abends 8 Uhr, im `Berliner Hof` zur Einweisung einfinden." Unterschrieben ist der Aufruf von Bürgermeister Müller, Superintendent Langenau, Lehrern, Kaufleuten und Handwerkern der Stadt.

Der Hass auf die Kriegsgegner, besonders auf Frankreich und England, nahm zu Beginn des Ersten Weltkrieges teilweise unverständliche Formen an. So war im Arendseer Wochenblatt vom 1. Oktober 1914 dieser Bericht zu lesen: "Guten Tag! - So klings uns häufig in jüngster Zeit beim Abschiednehmen entgegen. Recht so, fort mit dem französischen `Adieu!` Wir wünschen uns schon immer einen guten Morgen und eine gute Nacht, warum nicht auch einen guten Tag! Die Süddeutschen sagen sich schon immer einen guten Tag beim Auseinandergehen; wir Norddeutsche bequemen uns erst jetzt dazu, das fremde `Adieu` fallen zu lassen. Das `Adieu` muß aber auch weg, sagen wir dafür also: `Guten Tag!` Auch `Papa` und `Mama` können wir wieder den Franzosen überlassen und unsere viel schöner klingenden Bezeichnungen gebrauchen `Vater` und `Mutter`. Wem fiele es ein von `Papastadt` und `Papaland` zu sprechen! Wir sagen Vaterstadt und Vaterland und Mutterliebe und Muttersprache, aber nicht Mamaliebe und Mamasprache. Also auch fort mit `Papa` und `Mama` u.ä. Denken wir daran, dass wir Deutsche sind und auf uns halten wollen!"