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Taxi-Unternehmen kritisieren die geplante neue Tarifordnung im Altmarkkreis "Nicht auf dem türkischen Basar"

Von Antje Mewes 02.12.2014, 02:14

Die neue Taxi-Tarifordnung im Altmarkkreis soll am 17. Dezember im Amtsblatt veröffentlich werden. Bei den Taxi-Unternehmern und ihrem Verband steht sie schon jetzt in der Kritik. Sie hoffen, dass der Entwurf noch einmal geändert wird.

Salzwedel l "Wir brauchen mindestens 25 bis 30 Prozent zusätzlich, sonst sieht es schlecht aus. Entweder wir können den Mindestlohn nicht zahlen oder müssen zumachen." Der Klötzer Taxiunternehmer Kay Uwe Knittel sieht mit Sorge in die Zukunft. Sein Gewerbe sei vom Preisdruck her am untersten Limit angekommen.

Der Entwurf der Taxi-Tarifordnung, die der Altmarkkreis erlässt, sei ihm bekannt. Er hoffe, dass die von den Unternehmen vorgeschlagenen Tariferhöhungen von bislang 1,50 Euro je gefahrenen Kilometer im besetzten Taxi auf 1,80 Euro berücksichtigt werden. Im Entwurf der neuen Verordnung sind 1,75 Euro enthalten. Für Großraumtaxis sind 1,95 Euro statt der vom Verband der Taxiunternehmen vorgeschlagenen 2 Euro, vorgesehen. "Es geht um 5 Cent, aber für uns machen sie einen erheblichen Anteil aus", sagt Knittel. Zudem orientierten sich die Krankenkassen, die bei den Taxiunternehmen Transporte in Auftrag geben, an der Verordnung des Kreises. Knittel: "Das wäre ein Genickschuss."

Nicht wirtschaftlich

"Eine 5-Cent-Taktung gibt es in ganz Deutschland nicht", sagt Frank Bade, Chef des Taxiunternehmens Krüger in Salzwedel. Sie sei weder den Kunden, die den Fahrpreis rechnerisch überschlagen wollen, noch den Fahrern zuzumuten. Die "unrunde Zahl von 1,75 Euro" je gefahrenem Kilometer ist das Ergebnis eines Gutachtens, das der Kreis in Auftrag gegeben hatte. Es weist diesen Tarif als wirtschaftlich aus. Das bestreiten die Taxiunternehmer. Sie kritisieren zudem, dass die Wartenzeit mit 23 Euro (bisher 20 Euro) je Stunde festgelegt wurde und fordern 30 Euro. "Der Wagen ist blockiert, der Fahrer muss bezahlt werden", macht Frank Bade deutlich. Wer ein Taxi über einen längeren Zeitraum warten lasse, müsse halt die 30 Euro in Kauf nehmen. "Nur so können wir wirtschaftlich arbeiten", sagt er. Er könne die Politik im Altmarkkreis dahingehend nicht verstehen und vermutet "Machtspiele". Bade: "Wir haben schon mit dem Rufbussystem zu kämpfen."

Die Grundgebühr für Anfahrt und Vermittlung soll künftig 3,40 Euro betragen, plus 1,75 Euro ergebe 5,15 für den ersten gefahren Kilometer. Im Nachbarlandkreis Stendal seien es 5 Euro Grundgebühr und 2 Euro für den ersten Kilometer, also insgesamt 7 Euro.

Mit ihrem Verband und Unterstützung der Industrie- und Handelskammer wollen die Unternehmen nun versuchen, Einfluss zu nehmen und zu verhindern, "dass einfach über unsere Köpfe die 5-Cent-Taktung" eingeführt wird. Dazu haben sie noch bis Donnerstag, 4. Dezember, Zeit. Dann endet die Anhörungsfrist. Am 17. Dezember soll die neue Verordnung im Amtsblatt veröffentlicht und damit gültig werden.

Viel Papierkram

Aus Sicht der Taxiunternehmen viel zu spät. Bis der erforderliche Papierkram erledigt und die technischen Voraussetzungen in den Taxen geschaffen sind, werde es voraussichtlich Februar/März, mutmaßt Bade. "Den Mindestlohn haben wir ab 1. Januar zu zahlen", macht er deutlich.

Verhältnisse offengelegt

Der zuständige Dezernent im Kreis, Hans Thiele, kontert, dass die Taxi-Unternehmen seit Längerem wüssten, dass die Taxameter zum 1. Januar 2015 neu zu eichen sind. Zudem sei der Kreisverwaltung wichtig gewesen, auf Grundlage eines Gutachtens zum Thema "Wie viel Taxi verträgt der Kreis?" zu entscheiden. Thiele: "Wir wollten nicht feilschen, wie auf dem türkischen Basar."

Die Unternehmer hätten dazu anonym ihre wirtschaftlichen Verhältnisse offengelegt. Es habe sich herausgestellt, dass es kein reines Taxiunternehmen im Kreis gebe. Alle arbeiteten auch auf Mietwagenbasis oder böten sonstige Fahrten an. Was den Mindestlohn angehe, habe sich ergeben, dass bisher Spannen von 4 bis 9 Euro je Stunde gezahlt wurden, im Schnitt 6,65 Euro.

Am Gesamtumsatz mache das Taxigeschäft insgesamt 45 Prozent aus. "Wir können nicht den Taxikunden, die Gesamtkostenerhöhung von 23 Prozent für den Mindestlohn aufbrummen", erklärt der Dezernent und führt ins Feld, dass es bereits 2013 eine Tariferhöhung gegeben habe. Im Entwurf der neuen Taxi-Verordnung ist sie mit 13 bis 14 Prozent geplant.

Beide Altmarkkreise zu vergleichen, sei in dem Fall nicht möglich. In Stendal sei der gesamte Kreis sogenanntes Pflichtfahrgebiet. Dort gelten 7 Euro für den ersten Kilometer (Grundgebühr). In Salzwedel seien nur die Kernstädte Pflichtfahrgebiet mit den 5,15 Euro für den ersten Kilometer. Bei allem was nach außerhalb, wie beispielsweise von Gardelegen nach Letzlingen gehe, sei die Grundgebühr frei mit dem Kunden verhandelbar.

Was das Rechnen mit den 5 Cent anbelange, so müssten die Kunden das beispielsweise im Supermarkt auch, argumentiert Thiele.

Sorge um Zukunft

Die Mietwagenunternehmen müssen sich nicht an die Verordnung des Kreises halten, sind aber ebenso vom Mindestlohn betroffen. "Das ist für uns schon sehr gravierend", sagt Unternehmer Lutz Schermer aus Rademin. Er wolle und müsse sich an die Verordnung preislich anlehnen und überlegt, ob er unter den Bedingungen sein Geschäft noch aufrechterhalten kann, erklärt der 63-Jährige.