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Mindestlohn setzt Tierheim zu / Tierschutzverein reagiert mit Entlassung und Stundenkürzung "Schlimmstenfalls müssen wir zumachen"

Von Christin Käther 09.01.2015, 02:03

Der Mindestlohn macht dem Salzwedeler Tierheim zu schaffen. Um die Mehrkosten aufzufangen, hat der Tierschutzverein Arbeitszeiten kürzen und sogar einer Mitarbeiterin kündigen müssen.

Hoyersburg l "Alle wollten den Mindestlohn, aber an die Folgen hat niemand gedacht", sagt Ingrid Ringleb vom Salzwedeler Tierschutzverein. Dieser ist Träger des Tierheimes in Hoyersburg, der sich seit der Wende um herrenlose Tiere aus Salzwedel und Arendsee kümmert. Etwa 55 Tiere sind im Schnitt in der Einrichtung untergebracht. Um den Betrieb zu gewährleisten, beschäftigte der Verein drei Mitarbeiter in Vollzeit.

Das hat sich zum Jahreswechsel geändert. Mit der Einführung des Mindestlohnes ist der Verein verpflichtet, seinen Mitarbeitern 8,50 Euro pro Stunde zu zahlen, knapp einen Euro mehr, als sie 2014 verdient haben. Um die Mehrkosten in Höhe von 11 000 Euro (etwa 20 Prozent) auszugleichen, wurde die Arbeitszeit von zwei Angestellten von 40 auf 34 beziehungsweise 37 Stunden pro Woche gekürzt. Eine Mitarbeiterin musste sogar entlassen werden, berichtet Vereinsvorsitzende Christine Binder.

Ein bitterer Start ins neue Jahr. Gerade hatte das Tierheim seine Öffnungszeiten verlängert, um auch die Menschen mit längeren Arbeitszeiten zu erreichen. Die Mitarbeiter müssen nun zeitversetzt arbeiten, um die Bereitschaft abzudecken. Sollte eine Kraft krankheitsbedingt ausfallen, wird es problematisch. Christine Binder ist froh, einen Vollzeitmitarbeiter an der Seite zu haben, der über die Arbeitsagentur für drei Jahre gefördert wird, sowie eine FÖJlerin (Freies Ökologisches Jahr). Gerne hätte Christine Binder noch zwei Teilzeitstellen geschaffen. Doch da sich der Verein am finanziellen Limit bewegt, sei dies unmöglich.

Durch Spenden, Mitgliedsbeiträge und Zuwendungen der Kommunen Salzwedel und Arendsee sei der Betrieb des Tierheims zwar aufrecht zu erhalten, doch sei er jedes Jahr auch ein "Drahtseilakt", sagt Ingrid Ringleb. "Uns geht es finanziell nicht gut. Der Mindestlohn setzt dem Ganzen das I-Tüpfelchen auf. Schlimmstenfalls müssen wir zumachen", prognostiziert sie. Um das zu verhindern, hat sich der Tierschutzverein an die Kommunen gewandt und um einen höheren Zuschuss gebeten, denn die Versorgung von Fundtieren ist eine Pflichtaufgabe. Beide Stadtverwaltungen nehmen die Bitte ernst und werden sie in den anstehenden Haushaltsberatungen berücksichtigen, heißt es auf Volksstimme-Nachfrage. Bislang hatte Arendsee 7500 Euro für das Tierheim dazu gegeben, Salzwedel 30 000. Die Höhe richtet sich nach der Einwohnerzahl.

Ohne Ehrenamtliche geht es nicht

"Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, dass die Hansestadt Salzwedel für entstehende Mehrkosten aufkommt", sagt Oberbürgermeisterin Sabine Danicke. Eine entsprechende vertragliche Anpassung werde derzeit vorbereitet und dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorgelegt. Auch Arendsees Bürgermeister Norman Klebe versicherte, an der bewährten Zusammenarbeit mit dem Tierschutzverein festzuhalten, auch wenn eine Mehrbelastung bei der angespannten Haushaltslage schwer verkraftbar sei. Der Verein spielt nun sogar mit dem Gedanken, auf die Nachbargemeinde Lüchow-Dannenberg zuzugehen.

Ansonsten ist das Tierheim auf ehrenamtliche Hilfe angewiesen - mehr als je zuvor. Oft helfen die Vorstandsmitglieder des Vereins aus, bauen oder reinigen die Behausungen für die Tiere. Freiwillige Helfer sind dabei immer gern gesehen. Für die bisher geleistete unermüdliche Unterstützung ist ihnen Christine Binder sehr dankbar.

Wer sich handwerklich betätigen, die Katzen streicheln oder Hunde ausführen möchte, kann sich jederzeit im Tierheim melden. Dringend gesucht werden außerdem Menschen, die Tiere zur Pflege aufnehmen oder Patenschaften übernehmen können.