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Kein Bedarf für 24-Stunden-Kita

Von Alexander Walter 07.07.2015, 18:52
Betreuung in einer 24 Stunden-Kita
Betreuung in einer 24 Stunden-Kita dpa-Zentralbild

In Salzwedels Kindertagesstätten wird es keine Betreuung in den Nachtstunden geben. Für entsprechende Pläne gibt es keinen Bedarf.

Salzwedel l Der Färberhof Stendal macht es vor: Wenn die alleinerziehende Mutter als Fachärztin im Schichtsystem arbeitet, kann sie ihre Kinder notfalls die ganze Nacht in der freien Kindertagesstätte im Stadtzentrum unterbringen. Das Modell wird insgesamt gut angenommen, sagt Geschäftsführerin Marika Mund. Weil die Abend- und Nachtbetreuung aber teuer ist, kann sie bislang nur ein Teil der Eltern in Anspruch nehmen.

Abhilfe könnte ein Vorschlag von Manuela Schwesig (SPD) schaffen. Die Bundesfamilienministerin will die Kinderbetreuung in den Abend- und Nachtstunden massiv ausbauen und dafür bundesweit 300 Projekte mit insgesamt 100 Millionen Euro fördern. - Ein Vorhaben, von dem theoretisch auch Salzwedeler Kitas profitieren könnten.

"Wir haben keine Straßenbahnen und Theater."

"Für uns ist das keine Option", sagt dazu allerdings Doris Gensch, Leiterin des städtischen Eigenbetriebs Kindertagesstätten. In Salzwedel gebe es schlicht keinen Bedarf für eine Kinder-Betreuung über die Kernöffnungszeiten hinaus. Es fehle an Arbeitsplätzen im Schichtbetrieb, die in großen Städten vorhanden sind. "Wir haben hier eben keine Straßenbahnen oder Theater."

Die Leiterin des Eigenbetriebs spricht aus Erfahrung. Erst vor zwei Jahren hatte der Träger in der Krippe Villa Zwergenland und im Kindergarten Spatzennest eine Frühbetreuung eingerichtet. Auf Wunsch einzelner Eltern wurde es damit möglich, Kinder statt ab 6.30 bereits ab 6 Uhr betreuen zu lassen. "Wir haben erwartet, dass die Eltern das Angebot nutzen würden", sagt Gensch. Doch passiert sei das nicht. Zuletzt sei nur noch ein einziges Kind in der Frühbetreuung gewesen.

Frühbetreuung kostet Geld

Für die Betriebs-Leiterin ist deshalb die Reduzierung des Angebots auf die ursprünglichen Kernöffnungszeiten von 6.30 bis 17 Uhr das wahrscheinlichere Szenario. "Die Frühbetreuung kostet Geld, da muss man die Karten schon mal auf den Tisch legen", sagt sie. Die Entscheidung liege allerdings beim Stadtrat, betont Gensch.

Auch freie Träger in Salzwedel sehen offenbar keinen Bedarf für eine Ausweitung ihrer Betreuungszeiten. "Unsere Einrichtung öffnet von 6.30 bis 16 Uhr und orientiert sich damit am Bedarf der Eltern", sagt etwa Simone Neuschulz, Leiterin im Haus Benjamin in Trägerschaft des Diakonischen Werkes Altmark West. Der Ausbau der Öffnungszeiten wäre aber auch aus einem anderen Grund keine Option für die Einrichtung. "Wir haben nur eine Betriebsgenehmigung für die Tagesbetreuung", sagt Neuschulz. Für Angebote über Nacht bräuchte es ein gesondertes Konzept, das beim Jugendamt des Altmarkkreises eingereicht und von diesem genehmigt werden müsste.

Selbst der Färberhof Stendal hält den Vorschlag von Manuela Schwesig zwar für ein "wichtiges Signal". Dass die Einrichtung von einer Förderung profitieren könnte, glaubt Geschäftsführerin Marika Mund aber nicht. Es gehe beim Vorschlag ja eher um den Aufbau von Abend- und Nachtbetreuung als um die Nachhaltigkeit, meint Marika Mundt.

Die Geschäftsführerin lenkt den Blick vielmehr auf die Wirtschaft. "Die Unternehmen jammern immer, dass es an Fachkräften mangelt", sagt sie. "Aber wenn eine Mitarbeiterin mal schwanger wird, bricht oft gleich die Katastrophe aus." Im Färberhof teilen sich Eltern, und Arbeitgeber übrigens die Kosten für die Kinderbetreuung.