1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Salzwedel
  6. >
  7. "Dann haben wir den Mann der Polizei übergeben"

"Unser Held von nebenan": Tobias Wernecke (32) aus Salzwedel "Dann haben wir den Mann der Polizei übergeben"

Von Peter Hintze 05.02.2011, 04:29

Liebe Leser, wer soll es werden – "Unser Held von nebenan 2010"? Zehn Kandidaten stehen zur Wahl. Wir stellten Ihnen Sonnabend für Sonnabend die Nominierten ausführlich vor. Stimmen Sie noch bis zum 12. Februar mit ab, wer Ihr "Held von nebenan" ist (siehe untenstehender Coupon). Heute zum Abschluss: Tobias Wernecke (32), Hausmeister der Comenius-Sekundarschule Salzwedel.

Salzwedel. "Seit dieser Sache achte ich noch mehr darauf, wer in der Schule herumschleicht." Als wäre es erst gestern gewesen, erinnert sich Tobias Wernecke an jenen 27. Januar 2010. Ein Dieb hatte sich in das historische Gebäude der Comenius-Sekundarschule geschlichen, stöberte in den Umkleideräumen der Turnhalle nach Brauchbarem… "Ich habe Geräusche gehört", erinnert sich der Hansestädter, der als Schulhausmeister an der Neutorstraße tätig ist.

Ja, Angst habe er schon ein wenig gehabt, gibt der 32-Jährige heute – mit gehörigem Abstand zu dem Vorgefallenen – zu. Und trotzdem habe er die Tür zur Umkleide aufgemacht, jemanden im Dunkeln entdeckt und schnell abgeschlossen.

"Es war die Zeit, in der Salzwedeler Turnhallen des Öfteren ungebetenen Besuch bekamen", schaut der Schulhausmeister zurück. "Mit Schulleiter Norbert Hundt bin ich zurückgegangen. Dann haben wir den Mann der Polizei übergeben."

Mit dem Einschließen des mutmaßlichen Täters hat Schulhausmeister Wernecke rechtlich richtig gehandelt. Die Strafprozessordnung (Paragraf 127, Absatz 1) erlaubt es jedermann – auch Minderjährigen, Personen, die auf frischer Tat ertappt werden, bis zum Eintreffen der Polizei festzuhalten.

Für seine bewiesene Zivilcourage ist der Vater einer zweieinhalbjährigen Tochter von Salzwedels Polizeichefin Sandra Schmidt ausgezeichnet worden. Nun ist er außerdem für den Titel "Unser Held von nebenan" nominiert.

Tobias Wernecke ist in Salzwedel geboren worden und in Wieblitz-Eversdorf aufgewachsen. Zur Schule ging er in Wallstawe und Henningen. Mit dem Realschulabschluss in der Tasche entschloss sich der junge Mann, eine Lehre zum Straßen- und Tiefbauer zu absolvieren. Anschließend verschlug es ihn nach Munster zur Bundeswehr.

"Als Freiwilliger", erinnert sich der Hansestädter. Montagetätigkeiten im Rohrleitungsbau sowie eine Anstellung bei der Kreisstraßenmeisterei folgten. Im Alter von 26 Jahren – exakt ein Jahrzehnt nach der Schulentlassung – wurde Tobias Wernecke wieder "eingeschult". Eine interne Umbesetzung bescherte dem hand- werklich geschickten Mann den Hausmeister-Posten.

"Ich bin sozusagen das Mädchen für alles", erzählt Tobias Wernecke. Mal eine Schraube nachziehen, mal ein klemmendes Schloss gängig machen… Kleinere Reparaturen erledigt der 32-Jährige, dessen Aufgabe es außerdem ist, mit den Firmen zu kommunizieren, selbst. Das backsteinerne Schulgebäude kennt der Hausmeister buchstäblich wie seine Westentasche. Egal, ob Innenbereich oder Schulhof.

Und natürlich seine Pappenheimer – die Schüler. "Mittlerweile kennt man die Leute, die zur Schule gehören", sagt Tobias Wernecke bescheiden. "...aber auch die, die das nicht tun." Privat kümmert sich der Salzwedeler um Haus und Grundstück an der Hoyersburger Straße – und natürlich um die Familie. Tochter Greta bereichert das Glück mit Ehefrau Stephanie. Und montags zieht sich der Hansestädter die Turnschuhe an – zum Fußballtennis beim TV Jahn.

Schulleiter Hundt ist voll des Lobes: "In meiner Zeit an dieser Schule habe ich noch keinen Hausmeister erlebt, mit dem eine so gute Zusammenarbeit möglich ist." Zusammenarbeit – das bedeutet in diesem Falle, dass Wernecke Probleme selbst erkennt, sich einbringt, nicht auf Anweisungen aus dem Schulleiterzimmer wartet, erklärt der Schulleiter seine Wertschätzung für den Hausmeister.

Auch die Schüler sind begeistert. In der Rede zur Ausgabe der Abschlusszeugnisse hieß es ganz folgerichtig: "Herr Wernecke, als Sie an unsere Schule kamen, waren wir Mädchen hin und weg. Denn sie sind nicht wie Hausmeister Krause, sondern jung, dynamisch und humorvoll."