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Aus dem Gericht: Nach Brandstiftung an Reimmannstraße droht Salzwedeler Psychiatrie-Einweisung 40-Jähriger ohne Medikamente außer Rand und Band

Von Wolfgang Biermann 13.05.2011, 04:30

Am 4. Dezember 2010 hielt ein Brand in der Salzwedeler Reimmannstraße 15d Feuerwehr, Polizei und Anwohner in Atem (wir berichteten). Seit gestern muss sich ein 40-Jähriger wegen vorsätzlicher Brandstiftung in einem sogenannten Sicherungsverfahren vor dem Landgericht in Stendal verantworten.

Salzwedel/Stendal. Der Salzwedeler soll aufgrund einer paranoiden schizophrenen Psychose im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt haben. Darum könnte am Ende des Verfahrens die zwangsweise, zeitlich unbegrenzte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet werden. In Hand- und Fußfesseln wurde der Beschuldigte, der vorläufig in Uchtspringe untergebracht ist, von Pflegern in den Gerichtssaal gebracht.

Neben der Brandstiftung legt die Staatsanwaltschaft Stendal dem 40-Jährigen Widerstand gegen Polizeibeamte und Körperverletzung zur Last. Von seinem Vermieter zum 30. September 2010 unter anderem wegen andauernden ruhestörenden Lärms aus der Einraumwohnung geklagt, wies ihn am 30. November eine Gerichtsvollzieherin per Räumungstitel aus dem Haus. Dazu nahm sie ihm auch die Schlüssel ab. Dessen ungeachtet, beauftragte er einen Schlüsseldienst, um sich wieder Zutritt zu der Wohnung in der Reimmannstraße 15d zu verschaffen, wo neben ihm fünf weitere Mietparteien wohnten.

Als am 4. Dezember die Polizei klingelte, öffnete er nicht. Er schob eine Couch und wohl auch eine Kommode zur Eingangstür, warf ein Federbett darüber und entzündete das Ganze. Dann verbarrikadierte er sich im Bad. Der Polizei gelang es, die Tür aufzubrechen.

Wie auf einem Foto in den Gerichtsakten zu sehen war, loderten die Flammen hoch aus der Wohnung. Sie wurden aber umgehend von der Feuerwehr gelöscht. Ein Polizist hatte indes aufgrund des Einatmens von Rauchgas noch tagelang Beschwerden. Den Beamten gelang es schließlich, unter Einsatz von Pfefferspray und Handschellen den Beschuldigten aus dem Bad zu holen und in einen Funkwagen zu verfrachten. Auf dem Weg dorthin schlug und trat der 40-Jährige um sich, traf zwei Polizisten an Gesicht, Knie und Hand. Erst mit dem Schlagstock konnte er gebändigt werden.

"Die Wohnung war mein Leben. Ich war neben der Spur, weil ich meine Medikamente nicht genommen hatte", gab der keineswegs unintelligent wirkende Beschuldigte zu seiner Verteidigung an. Seit Ende der 1990er Jahre bekomme er Psychopharmaka, wohl als Folge seines jahrelangen Drogen- und Alkoholkonsums. Die Medikamente habe er 2009 aber eigenständig abgesetzt: "Ich wollte meinem Körper eine Pause von der Chemie gönnen." Ein Einsehen gab er nicht zu erkennen, entschuldigte sich aber: "Ich wollte nicht, dass jemand zu Schaden kommt."

Am 19. Mai soll das Urteil gesprochen werden.