1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Salzwedel
  6. >
  7. Wenn Glücklichsein ein kleines Vermögen kostet

Wie ein Salzwedeler von einer dubiosen Partnervermittlung abkassiert werden sollte Wenn Glücklichsein ein kleines Vermögen kostet

Von Torsten Adam 18.01.2011, 04:25

Salzwedel. "Liebevolle Witwe, Adele, 64 Jahre, gut ausse-hend und eher jugendlich mit schöner Figur, häuslich und ehrlich. Ich liebe die Natur, Haus und Garten. Ich möchte für Sie da sein, für Sie kochen und Sie umsorgen. Für gemeinsame Unternehmungen ist ein Auto für uns zwei da. Haben Sie ehrliches Interesse an einem Treffen? Dann rufen Sie an..." Als Klaus Reihs vor einem Jahr diese Annonce in einer Tageszeitung (nicht die Volksstimme) las, war sein Interesse geweckt. Der heute 74-Jährige war gerade aus Magdeburg nach Salzwedel gezogen, um in dem schönen Fachwerkstädtchen den Herbst seines Lebens zu verbringen.

Der Ingenieur, früher als Exportkaufmann tätig, wählte die angegebene Telefonnummer und landete bei einer Partnervermittlung. Für Klaus Reihs kein Problem, schließlich wollte er die nette Adele ja kennenlernen. "Ich habe die Dame von der Partneragentur nach Salzwedel eingeladen, damit sie sich bei mir zu Hause davon überzeugen kann, ob Adele zu mir passen würde", erinnert sich der 74-Jährige. Nach einer freundlichen Unterhaltung habe sein Gegenüber ihm offeriert, dass sie ihm weitere geeignete Damen vorschlagen könnte. Dafür müsste er mehrere tausend Euro zahlen. Das Kreditkartenlesegerät zur Sofortabbuchung hatte die "Repräsentantin" von der Partner-agentur gleich mit dabei. "Ich habe das natürlich abgelehnt, da wurde die Frau ungezogen. Sie sei doch schließlich nicht umsonst extra von Hannover bis nach Salzwedel gefahren, empörte sie sich. Dass die Vermittlung nicht unentgeltlich ist, war mir klar. Ich wollte Adele aber erst kennenlernen, bevor ich zahle", schildert der Rentner die Begebenheit. Ein Treffen mit Adele sei aber abgelehnt worden. Inzwischen ist sich Klaus Reihs sicher, dass es Adele in Wirklichkeit gar nicht gibt.

Sein Misstrauen gegen die Partnervermittlung hat ein Fernsehbeitrag genährt, den der NDR in der Vorwoche ausstrahlte. In ihm berichtet ein 36-jähriger Landwirt aus Schleswig-Holstein über seine Erfahrungen mit der Freundschaftsservice GmbH mit Sitz in Hannover. Er sollte 4000 Euro zahlen – und tat es. Doch statt der Auserwählten in der Zeitungsannonce erhielt der Single-Bauer sechs andere Vorschläge, von denen keiner passte. Mal war die Frau zu jung, mal Raucherin oder wohnte zu weit weg. Das Geld war futsch und der Mann weiter allein.

Mittlerweile warnt auch die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein vor dieser dubiosen Firma, auf die auch eine Seniorin aus Lübeck hereingefallen ist. Sie wurde 2965 Euro los. Doch zu einem Treffen mit dem imaginären "Herrmann" oder einem anderen Interessenten kam es nicht. "Die Dunkelziffer der Geschädigten dürfte sehr groß sein, denn seit Jahren kommen ältere Verbraucher in unsere Rechtsberatung, weil sie mehrere tausend Euro an zweifel- hafte Partneragenturen gezahlt haben und die vorgeschlagenen Partner häufig nicht dem gewünschten Profil entsprechen oder weil es sich um bezahlte Scheinsuchende handelt, die lediglich als Lockvögel dienen", heißt es in der Warnung der Verbraucherschützer. Befinde sich das Geld auf dem Konto der Partnervermittler, würden die Opfer vielfach davor zurückschrecken, ihre Erstattungsansprüche gerichtlich geltend zu machen – weil es ihnen peinlich sei oder sie kein Prozesskostenrisiko eingehen wollten.

Wesentlich preiswerter, diskreter und erfolgversprechender sei die Partnersuche im Internet auf Portalen, die es speziell auch für ältere Menschen gebe. Zudem empfehle sich der Ratgeber der Verbraucherzentrale, "Gesucht: Neue Liebe – Partnervermittlung auf dem Prüfstand", der unter anderem über die Tricks von Partneragenturen sowie über die eigenen Rechte informiert.

"Mir ist wichtig, andere Leute vor Schaden zu bewahren", begründet Klaus Reihs seinen Gang an die Öffentlichkeit. Besonders dreist findet er, dass die Freundschaftsservice GmbH mit einem jungen Paar wirbt, das sich während einer Stern-TV-Sendung die Ehe versprochen hat. Da werde Günther Jauchs guter Name missbraucht, um eine Seriosität dieser Agentur zu suggerieren.

Der Salzwedeler wird seit dieser schmerzlichen Erfahrung vor einem Jahr von der Firma mit Briefen und Telefonaten belästigt, "obwohl ich denen mitgeteilt habe, dass ich inzwischen eine Partnerin habe". Der 74-Jährige hat sein Liebesglück gefunden – hier in der Altmark und ohne teure, fremde Hilfe.