1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Salzwedel
  6. >
  7. Zigarette ins Gesicht geworfen und ans Auto gespuckt

Angeklagter im Deba-Prozess will im Tatzeitraum fahruntüchtig gewesen sein/Zeugin sagt anderes aus Zigarette ins Gesicht geworfen und ans Auto gespuckt

Von Wolfgang Biermann 23.10.2012, 01:12

Stendal/Salzwedel l Das Ende des von Verteidiger Marco Slotta "gigantisch" genannten Prozesses um schwere Brandstiftung in einem Ortsteil von Salzwedel sowie in Niedersachsen und Schleswig-Holstein ist absehbar. Das Urteil ist gestern von der Vorsitzenden Richterin der 1. Großen Strafkammer am Landgericht Stendal, Simone Henze-von Staden, für den 5. Dezember anvisiert worden.

Beim elften Verhandlungstag ging es um den vermeintlichen Haupttäter aus einem Ortsteil von Kalbe. Der 40-Jährige soll wie berichtet laut Anklage im Auftrag von gesondert verfolgten Hintermännern maßgeblich an sieben Brandanschlägen gegen Führungsleute des Salzwedeler Badherstellers Deba im vergangenen Jahr beteiligt gewesen sein. Der mitangeklagte Gastronom aus Apenburg-Winterfeld wird der Beihilfe beschuldigt. Tatvorwurf: Er soll dem vorgeblichen Haupttäter im Auftrag der Hintermänner Geld und Wertgegenstände übergeben haben.

Den Prozessbeteiligten, darunter der offensichtlich davon überraschte Verteidiger des 40-Jährigen, wurden zunächst Aufnahmen einer Überwachungskamera vom Brandanschlagsort Räber (Uelzen, Niedersachsen) vom Dezember 2011 vorgeführt. Auf den drei Video-Sequenzen soll ein Mann schemenhaft zu sehen sein, der von der Statur dem Angeklagten zumindest ähnlich sieht. Ein weiteres Puzzle in der Indizienkette der Staatsanwaltschaft waren Blitzerfotos vom Oktober vorigen Jahres.

Der Angeklagte hatte verlauten lassen, dass er im Tatzeitraum aus gesundheitlichen Gründen fahruntüchtig gewesen sei. Da passt es allerdings nicht ins Bild, dass er eine 31-jährige Autofahrerin in Salzwedel mit seinem Audi am Abend des 4. Oktober 2011 mehrfach ausbremste, ihr im anschließenden Disput eine Zigarette ins Gesicht warf, ihr Auto bespuckte und ihr "eins auf die Schulter" gab, wie die 31-Jährige gestern als Zeugin aussagte. Sie habe per Handy die Polizei gerufen, die den Angeklagten dann aus dem Verkehr "zog", und Strafanzeige wegen Nötigung im Straßenverkehr erstattet. Von einer Gehbehinderung des Verkehrsrowdys habe sie am 4. Oktober nichts bemerkt. Zur Untermauerung der gesundheitlichen Beeinträchtigung des Angeklagten sollte dessen behandelnder Arzt gestern aussagen. Doch der ließ sich entschuldigen und soll später gehört werden.

"Unser Beweisprogramm ist insoweit erschöpft", gab Richterin Henze-von Staden zum Ende des Prozesstages bekannt. Mit dem 12. November und dem 5. Dezember wurden zwei weitere Termine festgesetzt, bevor sich überraschend die Verteidigerin des vermeintlichen Mittäters mit einer Einlassung zu Wort meldete. Darin wies ihr Mandant den Anklagevorwurf vehement zurück und zeigte sich davon "erschüttert". Vielmehr habe er seiner Angestellten, Verlobte des angeblichen Haupttäters, zu der er ein freundschaftliches Verhältnis hege und die er langfristig an seinen Betrieb binden möchte, "in wirtschaftlicher Not" helfen wollen. Er "überließ" ihr laut seiner Erklärung deshalb einen Kleinwagen und steuerte 5000 Euro zum Kauf eines Familienautos bei. Auch anderen Menschen, denen Banken kein Geld leihen wollten, habe er geholfen. "Ich helfe, wo ich kann", so der 53-Jährige.