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Am 21. April soll das Industriemuseum Schönebeck offiziell eingeweiht werden / Sponsoren und Helfer willkommen Ein Abenteuer rund um die Fabrikantenvilla

Von Ulrich Meinhard 31.01.2013, 02:18

ZT 300, RS 09, Maulwurf - mit diesen Begriffen können wohl nur ältere Generationen etwas anfangen. Doch die große Industriegeschichte Schönebecks arbeitet der Verein Imuset auf. Ein Museum soll am 21. April eröffnet werden.

Schönebeck l Das Wort Imuset dürfte inzwischen jeder Schönebecker schon einmal gehört haben. Die Buchstaben stehen für Industriemuseum Schönebeck und Erlebniswelt Technik. Die Vereinsleute haben die Schreibweise iMUSEt gewählt. Doch es geht hier um mehr als einen Begriff. Wer sich für Imuset entscheidet, wählt eine hehre Aufgabe. Eine Aufgabe, die mit viel Arbeit verbunden ist, eine Menge Engagement abverlangt, aber dafür etwas bietet: die Teilhabe an einem Abenteuer. Und das geht jetzt so richtig los: "In den nächsten vier Wochen werden wir mit der Berichterstattung gar nicht hinterher kommen", sieht Vereinschef Georg Plenikowski Großes voraus.

Seit einem Jahr und einem Monat ist der Verein im Besitz des Grundstücks in der Karl-Marx-Straße. Die alte Fabrikantenvilla und die alte Lagerhalle gingen von der EMS GmbH an Imuset über. Und damit begann die Arbeit. "Wir haben angefangen, kleine Schäden zu beseitigen und die Struktur zu schaffen für ein späteres Museum", erläutert Plenikowski. Angesichts der Mühen, die noch zu bewältigen sind, lautet sein Slogan: "Wir haben ein Ziel und das wird verfolgt." Punkt.

Schnell zeigen, worauf Schönebeck stolz sein kann

Er führt weiter aus: "Wir wollen so schnell wie möglich zeigen, was Schönebeck einmal hatte, worauf die Stadt stolz sein kann." Gemeint ist eine vielfältige industrielle und handwerkliche Historie. Nahezu als Synonym steht dafür die Fertigung des ZT 300, eines Traktors, der in großer Stückzahl in den Export ging, es gab sogar eine Tropenausführung.

Ein Fahrzeug dieser Baureihe hat der Verein kürzlich erstanden. Das war gar nicht so einfach. Natürlich nicht in blitzblanker Ausführung und auch nicht in Schönebeck. Der Oldie muss jetzt erst wieder hergerichtet werden, um in einstiger Pracht zu erstrahlen.

"Wir wollen animieren, bei uns mitzuwirken", hofft der 65-Jährige auf weitere Mitstreiter, die mit Herz und Seele und mit Fachwissen dabei sind. Vom Schüler bis zum alten Mann sind Interessenten aufgerufen, sich in punkto Mitarbeit angesprochen zu fühlen. "Unser Untertitel lautet ja Erlebniswelt Technik", macht Plenikowski auf verschiedene Themenbereiche aufmerksam, denen sich Imuset widmet.

So soll der Öffentlichkeit zum Beispiel gezeigt werden, wie früher ein Tag in einem Gießereibetrieb aussah, welche Produkte entstanden. "Die kamen nicht aus dem Computer", kann sich der ehemalige Chef der Schönebecker Lapua GmbH einen Seitenhieb auf heutige Gewohnheiten nicht verkneifen. Er kann sich gut vorstellen, etwa einen Gießertag im Rahmen des Museumslebens anzubieten, also praktisch zu zeigen, wie das Rohmaterial, wie Erzeugnisse entstehen.

Ein zweites großes Ziel ist das Herrichten der alten Villa zu einem Gebäude mit musealem Charme. Das 1903 gebaute Haus ist zwar ein architektonisches Schmuckstück, aber der jahrelange Leerstand hat Spuren hinterlassen. Wasserschäden müssen beseitigt, morsche Balken ausgetauscht, die Wände gestrichen, Leitungen verlegt, der Fußboden saniert und vor allem die Fassade neu verputzt werden. Ein riesiger Aufwand. Der kann nur nach und nach bewältigt werden. Ohne Sponsoren ist das Ziel nicht zu erreichen. Einige wohlwollende Unterstützer hat der Verein bereits gefunden. Die einen geben Bares, die anderen eine Leistung. "Wir haben im Moment über 20 große und kleine Firmen im Boot, auch Einzelhandwerker", verweist Plenikowski auf eine solide Basis. Zu den Helfern gehört die Sekundarschule Am Lerchenfeld. Schüler haben in ihrer Freizeit unter anderem ein Sicherheitsgitter gestaltet.

"Wer uns hilft, hat erkannt, dass er etwas für sich selbst macht."

Sicherheitsgitter? "Wir hatten hier schon unliebsamen Besuch", macht Plenikowski auf Ganoven aufmerksam, die vor gar nichts halt machen, nicht einmal vor einem Industriemuseum im Aufbau. Die Sicherheitsgitter sind künstlerisch gestaltet, natürlich im Stile des Gesamtunterfanges - und deshalb ein Hingucker.

Eine große Hilfe seien die Ein-Euro-Jobber, die das Jobcenter des Salzlandkreises seit Mitte 2012 dem Verein zugesteht, lobt Plenikowski. Von den vier Mitarbeitern, deren Maßnahme allerdings im Dezember auslief, sagt er achtungsvoll: "Sie haben uns überzeugt und geholfen, die Sache voranzutreiben." Mit seinem Credo hält der umtriebige Schönebecker nicht hinterm Berg: "Wer uns hilft, hat erkannt, dass er etwas für sich selbst macht, etwas für die eigene Stadt, die eigene Region. Jeder hat einen Anteil an der Geschichte, die hier geschrieben worden ist."

Ein eigenes Blatt im Buch des Museums hat sich bereits Stefan Spandau erarbeitet. Er gestaltete einen Raum in der Villa im Originalstil. Die hier einst verwendete Farbe las er an Farbresten an der Wand ab. Jetzt sind die Imuset-Leute noch auf der Suche nach passenden Lampen, solche, wie sie Anfang des Jahrhunderts verwendet wurden. Plenikowskis rechte Hand, Imuset-Mitbegründer Rainer Ulbrich, macht deshalb alle erreichbaren Flohmärkte unsicher. Ein Sorgenkind ist derzeit die Toilette in der Villa. Für diesen Raum wird jemand gesucht, der fachmännisch Fliesen verlegen kann.

"Hier wird nichts hineingepfuscht. Es wird alles original hergerichtet - und wenn wir Jahre warten", gibt Plenikowski die Gangart vor.

Schon am 21. April, zum Tag der Industriekultur, soll das Museum öffnen, soll die offizielle Einweihung erfolgen. Bis dahin müssen noch viele Ärmel hochgekrempelt werden.