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Gestern stieg die Saale nicht weiter an – Alarmstufe vier muss entgegen erster Prognosen nicht ausgerufen werden Katastrophe noch knapp entgangen

Von Andreas Pinkert 15.01.2011, 05:26

Entgegen vorheriger Prognosen ist gestern die Saale in Calbe nicht weiter angestiegen. Der Pegel verharrte sieben Zentimeter unter der Neun-Meter-Marke, bei der die vierte Alarmstufe und damit Katastrophenalarm ausgelöst wird. Der Stab außergewöhnliche Ereignisse (SAE) kann vorerst Luft holen, doch einzelne Sickerstellen in den Deichen müssen die Einsatzkräfte weiter genau im Auge behalten und kontrollieren.

Calbe/Schwarz/Trabitz. Rund um die Uhr hatten in den vergangenen Tagen unzählige Einsatzkräfte, darunter der Wasserwehr, Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren, des einberufenen SAE sowie freiwillige Helfer den Kampf gegen die stetig steigende Saale aufgenommen. Sie füllten tausende Sandsäcke auf dem Bauhofgelände in der Nienburger Straße und in Gottesgnaden, liefen die Deiche ab und kontrollierten sie auf Sickerstellen. "Diese Arbeiten werden auch weiter ausgeführt und Problemstellen umgehend mit Sandsäcken gestopft", sagte Calbes Ortswehrleiter Uwe Wirth auf einer der drei gestrigen Tagungen des Krisenstabes im Rathaus.

"Im Gegensatz zu 2003 klappte die Koordination der Einsätze einwandfrei"

Zum ersten Mal seit Montagmorgen konnte ein stagnierender Pegel gemeldet werden: 8,93 Meter. Nach Informationen des Landesamtes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft soll der Pegel nun sogar etwas fallen. Damit entgeht die Saalestadt nur knapp dem Ausrufen des Katastrophenzustands. Die am Donnerstag in der Heger-Sporthalle vorbereite Evakuierungsstelle mit 100 Schlafplätzen wird vorerst nicht in Anspruch genommen. Die Kreisstraße nach Wedlitz und Wispitz bleibt weiterhin für den Verkehr voll gesperrt. Die Landstraße 63 ist zwischen Nienburg und Gerbitz (Lindendamm) für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen gesperrt. Der Autoverkehr wird einspurig per Ampel geführt. Die Straße ist für Lastwagen nicht passierbar.

"Wir haben die Lage weiter im Griff", sagt Ordnungsamtsleiter Rainer Schulze. "Die gemeinsame Arbeit des Krisenstabes und der Einsatzkräfte hat durch festgelegte Verantwortungsbereiche bisher gut funktioniert." Beim vergangenen großen Saalehochwasser im Jahr 2003 sei die Zusammenarbeit wesentlich unkoordinierter verlaufen. Erfreulich sei es zudem, dass Freiwillige dem Aufruf der Stadt folgten und ihre Hilfe anboten. "Darunter war beispielsweise die B-Jugend der TSG-Handballer, die Sandsäcke füllten oder eine Frau aus Brumby, die mit dem Bus nach Calbe kam, um zu helfen", sagt Hauptamtsleiterin Isabel Bartels.

Zahlreiche Calbenser machten sich in den vergangenen Tagen auf den Weg, um sich am Fluss ein Bild von der Hochwassersituation zu machen. Rundfunk und Fernsehen statteten der Saalestadt ebenfalls Besuche ab.

Heute vor einer Woche wurde bereits das Wasserkraftwerk am Saalebogen außer Betrieb gesetzt. "Alle Wehre sind voll geöffnet", sagt Josef Aigner von der Aigner Maschinenbau GmbH aus dem bayrischen Traunreut. Zum Betrieb des Wasserkraftwerks sei eine Mindestfallhöhe, also die Differenz zwischen Wasserstand ober- und unterhalb des Wehres von einem Meter erforderlich. Zur Zeit könne nur noch eine minimale Fallhöhe von drei Zentimetern registriert werden. "Das Wasserkraftwerk wird regelmäßig kontrolliert, bisher gab es daran keine Schäden", erklärt Aigner auf Volksstimme-Nachfrage. Seine Mitarbeiter kommen nur noch mit einem Boot mit Außenbordmotor zum Kraftwerk.

Die Prognosen, ob der Saalepegel in Calbe seinen sinkenden Kurs in den kommenden Tagen weiter beibehalten wird, sind aufgrund des derzeitigen Regen- und Tauwetters schwierig zu treffen. Nach Vorhersagen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) soll der Pegel ab heute langsam, aber kontinuierlich fallen. Für die Einsatzkräfte ist die Arbeit deswegen aber noch längst nicht getan. "Das Aufräumen dauert wesentlich länger, erfahrungsgemäß vier bis sechs Wochen", blickt Rainer Schulze voraus. Nach dem Zurückweichen des Wassers müssen Schlamm und Unrat entfernt, tausende Sandsäcke wieder eingesammelt, entleert, getrocknet und eingelagert werden. Für das nächste Hochwasser.