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Freiwilligen Feuerwehr Heyrothsberge kritisiert Land Calbes starke Truppe mahnt Land bei Ausbildung an

Insgesamt 5792 Einsatzstunden haben Calbes Kameraden im vergangenen Jahr
absolviert, den Großteil davon beim verheerenden Junihochwasser. Neben
dem Rückblick auf 2013 wies Wehrleiter Uwe Wirth in deutlichen Worten
darauf hin, die gute Ausbildung der Kameraden nicht zu gefährden.

Von Andreas Pinkert 10.02.2014, 02:29

Calbe l "Erfolgt eine Alarmierung, dann gibt es keine Privatssphäre mehr", leitet Uwe Wirth seinen Bericht bei der Jahreshauptversammlung der Freiwilligen Feuerwehr Calbe am Freitagabend ein. Dann müssen die Blauröcke spätestens in zwölf Minuten am Einsatzort sein. Derzeit verrichten 52 aktive Kameradinnen und Kameraden in der Saalestadt ihren ehrenamtlichen Dienst. An 365 Tagen rund um die Uhr. Dabei haben sie allein im vergangenen Jahr neben der Standortausbildung an 50 Lehrgängen teilgenommen.

Doch mit der Ausbildung am Institut für Brand- und Katastrophenschutz (IBK) in Heyrothsberge ist Calbes Feuerwehrchef alles andere als zufrieden. "Dort finden von Jahr zu Jahr immer weniger Lehrgänge statt. Ältere Ausbilder hören auf. Jüngere wandern ab, und das Land kann sie nicht halten", sagte Uwe Wirth. Und das, obwohl mit dem Landesprojekt "Feuerwehr 2020" eigentlich die Leistungsfähigkeit der Wehren langfristig gewährleistet werden soll. Vielmehr als einen "frommen Wunsch" könne er darin nicht entdecken. Durch diese Entwicklung sieht er einen Reputationsverlust für ganz Sachsen-Anhalt. Kreisbrandmeister Hans-Ulrich Robitzsch versprach, die vorgebrachte Kritik mitzunehmen.

Am Pappeldamm wurden rund 120.000 Sandsäcke verbaut

Die Calbenser Einsatzstatistik 2013 ist geprägt vom verheerenden Hochwasser der Saale. So kamen innerhalb der ersten Junihälfte nach Wirths Worten schnell knapp 3900 Einsatzstunden zusammen. Viele Kameraden arbeiteten an den neuralgischen Punkten in Calbe, Schwarz und Trabitz in Schichten bis zu 16 Stunden. "Das zehrte an den Kräften", erinnert Wirth. Allein auf dem Pappeldamm mussten erneut rund 120 000 Sandsäcke verbaut werden. In naher Zukunft müsste nun endlich eine Erhöhung des Pappeldamms sowie weitere Hochwasserschutzmaßnahmen realisiert werden.

Auf das 2013er-Konto gehen außerdem 85 Einsätze. Dazu zählen 23 Klein-, 20 Mittel- und sechs Großbrände sowie 29 technische Hilfeleistungen. Fünf Mal wurde die Feuerwehr vom Rettungsdienst als Tragehilfe übergewichtiger Personen hinzugerufen. "Eine Zahl, die seit langem stetig zunimmt", wortwitzelt Wirth.

Neben ihrer personellen Stärke bei den Aktiven gelten die Calbenser innerhalb des Salzlandkreises auch als vorbildlich in der Nachwuchsarbeit. Sowohl in der Kinder- als auch in der Jugendabteilung lernen jeweils 19 Mädchen und Jungen die Grundlagen. "Drei von ihnen wechselten im vergangenen Jahr in den aktiven Dienst", sagt Wirth nicht ohne Stolz.

Spardiktat des Salzlandkreises nennt Wirth ein "Unding"

Mit ungewöhnlich viel Ärger in der Stimme äußerte er sich außerdem zum jüngsten Spardiktat der Kommunalaufsicht des Landkreises. Diese sieht im jährlichen städtischen Zuschuss für die Kameradschaftskasse in Höhe von 1500 Euro Einsparpotenzial. "Das ist ein Unding. Das haben wir nicht nötig", wetterte Wirth. "So eine Forderung ist für die Motivation mehr als kontraproduktiv." Diesen Beitrag sollte Bernburg weniger als freiwillige, sondern als pflichtige Aufgabe ansehen.

Auf die Unterstützung der Stadt können die Blauröcke in jedem Fall zählen, machte Bürgermeister Dieter Tischmeyer deutlich. Nach wichtigen Investitionen der vergangenen Jahre soll auch im städtischen Haushalt 2014 ein neuer Mannschaftstransportwagen seinen Platz finden, nachdem der bisherige mehr als 20 Jahre auf dem Buckel hat.

Stadtratsvorsitzender Alexander Berlin überbrachte der Feuerwehr einen sehr persönlichen Dank. Von der Juniflut besonders stark betroffen, erhielt er von den Kameraden unbürokratisch und schnell dringend benötigte Sandsäcke. Einen davon gab er am Abend - mit "Löschwasser" gefüllt - wieder zurück.

Vertreter der Stadtratsfraktionen würdigten das Engagement der Wehr, die seit 135 Jahren aus dem städtischen Leben nicht mehr wegzudenken ist und spendeten Geld und Gutscheine für die Kameradschaftskasse und Jugendarbeit.

Stetige Unterstützung der Stadt bei Technikausstattung

Fraktionschef Sven Hause (Alternative Liste Calbe) erinnerte an den Rückhalt im Stadtrat und dass Anschaffungen wie der moderne Einsatzleitwagen in den vergangenen Jahren angesichts der klammen Stadtkasse nicht selbstverständlich seien. Uwe Klamm (SPD) lobte die erfolgreiche Nachwuchsarbeit. Fraktionsvorsitzender Rudolf Kramer (Freie Wähler) nutzte das Podium, um nach mehr als vier Jahrzehnten seinen Abschied aus der Kommunalpolitik anzukündigen. Ehrenratsvorsitzender Georg Hamm (CDU/FDP) versprach, die angesprochenen Ausbildungsprobleme auf entsprechemder politischer Ebene anzubringen. Anneliese Grage (Die Linke) schloss sich den vielen Dankesworten an.

Dank der Absicherung der Schwarzer und Nienburger Kollegen ließen die Calbenser die Jahreshauptversammlung bei Deftigem und Hochprozentigen bis weit in die Nachtstunden gemütlich ausklingen.