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Volksstimme im Gespräch mit Detlev-Henry Scherf, dem Mitarbeiter der Außenstelle "Weisser Ring" im Salzlandkreis "Wir wollen Opfern von Straftaten Mut machen"

22.03.2014, 01:20

Der heutige 22. März ist der Tag der Kriminalitätsopfer. Er ist jenen Menschen gewidmet, die an den Folgen eines Überfalls oder sogar einer Straftat leiden. Um Kriminalitätsopfer kümmert sich bundesweit der Weisse Ring. Mit dem Mitarbeiter der Außenstelle im Salzlandkreis, Detlev-Henry Scherf, sprach Volksstimme-Redakteur Ulrich Meinhard.

Volksstimme: Können Sie kurz erklären, als was sich der Weisse Ring versteht?

Detlev-Henry Scherf: Wir sind eine Bürgerbewegung im besten Sinne des Wortes und zwar in Form eines gemeinnützigen eingetragenen Vereins. Im Weissen Ring treffen Menschen aus allen gesellschaftlichen Bereichen zusammen, um Kriminalitätsopfern unmittelbar oder durch ideelle und materielle Unterstützung bei der Bewältigung der Tatfolgen beizustehen.

Volksstimme: Was wollen Sie konkret erreichen?

Scherf: Wir wollen durch unseren gemeinsamen Einsatz Opfern von Straftaten sowie ihren Angehörigen wieder Mut und Hoffnung geben, um das belastende Erlebnis baldmöglichst zu verarbeiten. Wir wollen, dass Kriminalitätsopfer überall auf Verständnis, Solidarität und Unterstützungsbereitschaft zählen können und nicht, wie so oft, als lästige Bittsteller behandelt werden.

Volksstimme: Wer darf auf Hilfe hoffen?

Scherf: Wir helfen in Deutschland. Unabhängig von Geschlecht, Alter, Religion, Staatszugehörigkeit und politischer Überzeugung. Wir bieten mitmenschliche Hilfe zur Selbsthilfe. Wir tragen humanitäre Verantwortung gegenüber denjenigen, die als Opfer von Kriminalität und Gewalt vorübergehend oder für immer unter seelischen, körperlichen und wirtschaftlichen Folgen der Tat leiden.

Volksstimme: Wie sieht die Hilfe des Weissen Rings aus?

Scherf: Wer Opfer einer Straftat geworden ist, für den können bereits kleinste Probleme zu einer großen Belastung werden. Unsere Mitarbeiter sprechen mit den Geschädigten, hören ihnen zu und suchen mit ihnen gemeinsam nach praktischen zeitnahen Möglichkeiten, die besondere Lebenssituation zu verbessern. Sie geben den Opfern ein Gefühl der Geborgenheit. Manchmal genügt es schon, dass sich ein Betroffener aussprechen kann und jemanden findet, der ihm zuhört.

Wir begleiten Opfer zu Terminen bei der Polizei oder vor Gericht. Wir vermitteln auch Hilfen anderer Organisationen.

Der Weisse Ring stellt aber auch Hilfeschecks aus, etwa für eine anwaltliche Erstberatung oder eine rechtsmedizinische oder psychotraumatologische Erstberatung. Zudem ist eine finanzielle Hilfestellung zur Überbrückung einer Notlage möglich, die auf eine Straftat zurückgeht.

Volksstimme: Wie ist der Weisse Ring im Salzlandkreis zu erreichen?

Scherf: Wir haben ein Opfertelefon eingerichtet. Es ist bundesweit unter der Rufnummer 116 006 erreichbar und zwar rund um die Uhr. Im Salzlandkreis sind unsere Mitarbeiter auch unter der Telefonnummer (03928)400411 erreichbar, beziehungsweise ein Anrufbeantworter ist eingeschaltet.

Volksstimme: Wie viele Meschen suchen im Salzlandkreis Hilfe beim Weissen Ring?

Scherf: Wir haben jährlich zwischen 20 und 25 Fälle, die wir begleiten und bearbeiten. Allerdings nimmt nur ein Teil der Opfer einen Kontakt zu uns auf. Um mehr Menschen Mut zu diesem Schritt zu machen, hatte der Weisse Ring den Aufruf `Sei stark. Hol dir Hilfe!` gestartet.

Volksstimme: Was sollte der Aufruf bewirken?

Scherf: Opfer sollen die Straftat anzeigen und sich Unterstützung suchen, um die schwierige Lebensphase rasch zu überstehen, zumindest aber erträglicher zu machen.

Volksstimme: Was sind das für Fälle, die Sie im Salzlandkreis betreuen, worum geht es?

Scherf: Wir haben hier die ganze Bandbreite, angefangen bei Stalking, über häusliche und andere körperliche Gewalt bis hin zu Kindesmisshandlung und Kindesmissbrauch. Besonders häufig ist häusliche Gewalt.

Volksstimme: Arbeiten Sie mit der Polizei zusammen?

Scherf: Auf jeden Fall. Polizeibeamte weisen bei der Aufnahme von Straftaten auf unsere Hilfsmöglichkeiten hin, geben den Opfern Flyer an die Hand, auf denen sie Empfehlungen und Kontaktdaten finden.

Volksstimme: Wer bietet außerdem Hilfe an?

Scherf: Es gibt inzwischen ein Netz von Hilfsangeboten. Wir helfen von Fall zu Fall und geben entsprechende Hinweise.

Volksstimme: Wie finanziert sich der Weisse Ring?

Scherf: Ausschließlich über Spenden, Nachlässe und Mitgliedsbeiträge.