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Drei Frauen erfüllen in Calbes Krankenhaus den ehrenamtlichen Besuchs- und Begleitdienst mit Leben Wenn Gespräche für Patienten wie Medizin wirken

Von Andreas Pinkert 05.04.2014, 03:17

Sie sind die "guten Seelen" des Calbenser Krankenhaues. Drei Frauen sind auf den Stationen unterwegs und bieten den Patienten ihre Hilfe an. Ehrenamtlich kümmern sie sich um kleine Besorgungen, sind Begleiter bei Spaziergängen und haben vor allem für persönliche Sorgen immer ein offenes Ohr.

Calbe l Der große Magnolienbaum vor dem historischen Backsteinbau in der Hospitalstraße steht in voller Blüte. Else Friebel liebt diesen Anblick. Die Calbenserin ist derzeit als Patientin auf den Rollstuhl angewiesen. Ein Lächeln lässt das Gesicht der einstigen Sekretärin im früheren Gelatinewerk strahlen, als sie bei herrlichem Sonnenschein aus ihrem Zimmer abgeholt wird. Ohne fremde Hilfe wäre der Weg für sie sehr beschwerlich. Ina Draganov begleitet die Rentnerin mit dem Rollstuhl vor die Tür und beide genießen die bunte Blütenpracht.

Ina Draganov kennt jeden Winkel des Krankenhaues. Kein Wunder, denn 46 Jahre lang arbeitete sie dort als Krankenschwester und hat eine handvoll Chefärzte kommen und gehen gesehen. "2008 habe ich aufgehört, doch ich fühle mich mit dem Haus noch immer stark verbunden", sagt sie. Nachdem die Arbeiterwohlfahrt (Awo) das Traditionshaus von der Stadt übernahm, rief Pflegedienstleiterin Jana Philipp vor zwei Jahren auf, sich für den Aufbau eines freiwilligen Begleit- und Besuchsdienst im Krankenhaus zu melden. Ina Draganov, geborene Emmer, war dafür sofort Feuer und Flamme. "Ich hatte mein gesamtes Berufsleben lang mit Patienten zu tun. Das liegt mir einfach, und ich wollte mich weiter einbringen", sagt Ina Draganov, die mit einem Augenzwinkern ergänzt: "Dann hat mein Mann für ein paar Stunden auch mal seine Ruhe vor mir."

Inge Tischer dagegen kommt aus einer ganz anderen Richtung zu diesem Ehrenamt. "Ich war jahrelang in der Kraftfahrzeugbranche tätig", sagt die Schönebeckerin. Immer dienstags und donnerstags fährt sie von der Elbestadt an die Saale, um am Nachmittag für Hilfsbedürftige da zu sein. "Es hat mir seit jeher Spaß gemacht, mit unterschiedlichen Menschen in Kontakt zu kommen", sagt Tischer, die zu jedem Patienten schnell einen Draht findet. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass Männer als Patienten wesentlich unkomplizierter seien als Frauen. Ein Männerzimmer nehme es nicht krumm, wenn gesagt werde: "Hier riechts, es muss mal gelüftet werden." Trotz viel vorsichtigerer Formulierungen seien Frauen manchmal etwas pikiert.

Christa Giest aus Wespen ist seit vergangenem Dezember die dritte Dame im Bunde. "Ich habe aus der Volksstimme davon erfahren und wollte mich einbringen." Für die ehemalige Altenpflegerin bleibe soziales Engagement weiter eine Herzensangelegenheit. "Man bekommt durch das Miteinander und durch Gespräche mit Patienten sehr viel zurück", meint Giest. Oft seien die Damen, die wegen ihrer weißen Kittel von Patienten anfangs oft auch für Ärtzinnen gehalten werden, ein "Kummerkasten" - vor allem von denjenigen, die keinen Besuch bekommen. "Wir versuchen, ihnen wieder Halt zu geben", sagt Giest.

Pflegedienstleiterin Jana Phillipp spricht wohl vielen Patienten aus dem Herzen: "Wir sind froh, dass wir diese Unterstützung in unserem Krankenhaus haben." Neben Hilfe beim Anmelden des Telefons, beim Spazierengehen, beim Einkauf bestimmter Pflegeartikel, Obst oder Süßigkeiten seien es vor allem die Gespräche mit den Patienten, die oft wie Medizin wirkten, aber für die das hauptamtliche Personal oft wenig Zeit habe, sagt Philipp, die sich über weitere Mitstreiter freuen würde.

Wer sich angesprochen fühlt, kann sich gern telefonisch bei ihr melden unter (03 92 91) 4 73 13.