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Vereinsschau in Breitenhagen / Jüngster Züchter ist 15 Jahre alt Geflügelzucht ist überhaupt nicht "uncool"

Von Thomas Linßner 22.01.2011, 05:25

Breitenhagen. Es war eine kleine, aber wie immer feine Ausstellung, die der Rassegeflügelzuchtverein Lödderitz/Breitenhagen im "Goldenen Schiffchen" dem fachkundigen Publikum präsentierte. Jüngster in dem 13-köpfigen Verein ist Felix Meinecke aus Groß Rosenburg. Er senkt auf angenehme Weise das Durchschnittsalter der Damen und Herren.

Felix ist 15. Was motiviert einen Jungen in diesem Alter, Zwerghühner zu züchten? Im ersten Moment weiß der 15-Jährige nicht so recht, wie er diese "komische Frage" beantworten soll. Schließlich hat er schon mehr als sein halbes Leben lang mit Geflügel zu tun. Dann ringt sich Felix doch noch zu einer Antwort durch: "Das macht einfach Spaß." Eine Empfindung, von der die meisten seiner Kumpel und Mitschüler meilenweit entfernt sind. Für die ist Geflügelzucht "uncool". Viel krasser ist es doch, nach der Schule stundenlang vor irgendeinem Bildschirm zu hocken und sich in Scheinwelten zu versenken. Da braucht man "in echt" keine Verantwortung zu übernehmen.

Vater weckte beim Sohn die Liebe zum Tier

Felix ist jetzt in einem Alter, wo er die großen Zweifel des Daseins nahezu überwunden hat. Man darf also hoffen, dass er seinen Zwerg-Wyandotten und Co. die Treue hält. Dabei wird er von Vater Karsten (46) unterstützt, der die Liebe zum Tier bei seinem Sohn weckte.

Heinz Armin Sixdorf freut sich über derartiges Engagement. Der Breitenhagener ist ein Motor des Geflügelzuchtvereins. Er berichtet nicht ohne Stolz, dass zwei Neueintritte zu erwarten sind. Die potenziellen Mitglieder hatte er angesprochen, als er sah, wie sie abseits jeglicher Vereinsaktivitäten ihr Federvieh halten. "Wollt ihr nicht Mitglied bei uns werden, habe ich gesagt", erzählt Sixdorf. Wohl wissend, dass zuweilen Wunder geschehen, wenn man die Leute persönlich anspricht.

Die verhaltenen Gegenargumente von wegen "keine Zeit" oder "kein Geld" wusste der 69-Jährige zu entkräften. Der Jahresbeitrag beträgt lächerliche zehn Euro, die Anzahl der Zusammenkünfte ist überschaubar. Und: Wenn man selbst gefiederte Kreaturen liebt, wird man bald neugierig auf Gleichgesinnte.

Man wird sehen.

Heinz Armin Sixdorf wird leidenschaftlich, wenn er von seinem Hobby berichtet. Die Rede ist dann von "einem Stück Lebensqualität in unserer hektischen Zeit" oder einer "Freizeitbeschäftigung, die das Herz erwärmt". Damit meint er den Lauf der Natur: das Schlüpfen der Küken, Heranwachsen der Jungtiere und als Resultat eine "prächtige Herde im Herbst".

Und der Breitenhagener hat auch eine Moral zur Hand: "Im Zuge sich häufender Lebensmittelskandale schwindet das Vertrauen, das man in den Supermärkten günstig kaufen kann." Selbsterzeugte Lebensmittel seien auch ein Stück eigener Lebenseinstellung. "Da weiß man genau, was man auf dem Tisch hat", betont der 69-Jährige. Federvieh zu halten sei ein dauernder Lernprozess und die aktive Bewahrung alten Kulturgutes, weiß Heinz Sixdorf. Damit meint er den Erhalt vom Aussterben bedrohter Rassen. Zudem würde die Arbeit in einem Zuchtverein das soziale Miteinander der Menschen – zumindest der züchtenden – fördern.

Der Rassegeflügelzuchtverein Lödderitz wurde 1971 gegründet. Edmund Naunapper ist seit 20 Jahren dessen Vorsitzender. Nach der Wende kam es infolge sinkender Mitgliederzahlen zur Fusion mit dem Breitenhagener Verein.