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"Carsted Club" und Volksstimme stellen Heimatmuseum in neuer Serie vor / Heute: Die Geschichte der Schule Museum: Auch Bauern sollen gebildet sein

Von Sabine Rotter 30.04.2014, 01:23

In unserer neuen Serie aus Atzendorf "Das Museum kommt zu Ihnen", stellen wir heute die Ausstellung zur Schule im Heimatmuseum vor. Dabei erfahren wir nicht nur, dass Atzendorf eine Vorreiterrolle innehatte, was den Unterricht der Mädchen betrifft.

Atzendorf l Wann genau in Atzendorf die erste Schule eröffnet wurde, hat noch niemand herausgefunden. 1563 gab es wahrscheinlich noch keine Schule im Dorf, das damals 50 Hauswirte zählte.

1603 wird im Atzendorfer Kirchenregister unter "Ausgabe der Kirche" vermerkt: "18 Groschen dem pfarhern [Pfarrherr-Pfarrer] und Schulmeister praesens [Geschenk] geben uffm Altar, alß pfingst, weinachten und ostern Jedes fest neun Groschen."

Und unter der Rubrik "Ausgaben zur Schule" erscheint unter anderem die Position "den Brunnen auf dem Schulhof reinigen lassen", "das Dach an der Küsterei auf der einen Seite zu treppen und decken gegeben", "Langstroh hierzu gekauft", "Drei Bretter zur Stuben-, Stall- und Hakentür".

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts hatte das Dorf also einen Schulraum in der Küsterei, einen Küster (ein Küster war eine Art Assistent des Pfarrers) und einen Kantor. Als "Schulmeister" fungierte vermutlich der Küster.

Eduard Stegmann, der Herausgeber der Atzendorfer Chronik, vermutet, dass nach dem Dreißigjährigen Krieg eine Schule existierte. Chronist Carsted schreibt: "Die alte Schule liegt der Schenke (in der Kirchstraße, Ecke zum Winkel) gerade gegenüber und mit der Schmiede unter einem Dach."

1760, zur Zeit Carsteds, war die Schule im Gebäude neben der Kirche untergebracht - heute befindet sich dort die Volksbank.

Carsted hat um das Schulwesen in seiner Gemeinde große Verdienste erworben, auch wenn er keinen Neubau erreichen konnte. Sein König Friedrich II. meinte, es sei "auf dem platten Lande genug, wenn sie ein bisgen lesen und schreiben lernen, wißen sie aber zuviel, so laufen sie in die Städte" (Ordre vom 5. September 1779; eine Ordre ist eine Art Verfügung). Carsted dagegen beklagte die Unwissenheit seiner Bauern.

"Sie begreifen nicht, dass die Welt alle Jahre klüger wird und werden muss, weil sich an allen Orten Menschen finden, die da sehen, woran es der Welt noch fehle."

Und er meint: "Man muss die Hand nicht an die Verbesserung der Alten, sondern an die Erziehung der Kinder legen. Man muss den Bauern begreiflich machen, dass eine gute Erziehung besser sei als einige hundert Taler Mitgift."

So hat er durchgesetzt, dass in Atzendorf die Mädchen lesen und schreiben lernten, als in anderen Bördedörfern diese Kunst noch ein Privileg der Knaben war und die Meinung vorherrschte, "bei den Jungfrauen sei das Schreiben ein vehiculum zur Liederlichkeit" (es fördere die Liederlichkeit).

In der nächsten Woche kommt das Heimatmuseum wieder zu Ihnen - ein Blick in den Briefkasten genügt!

Ihre Sabine Rotter und die Mitglieder des "Carsted Club"