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Langes Siel könnte laut Prognose am Wochenende geöffnet werden Flusspegel fallen, aber Drängwasser steigt weiter

Von Thomas Linßner 21.01.2011, 05:25

Man kann das aktuelle Wassergeschehen auf zwei Kernaussagen reduzieren: Die Flusspegel von Elbe und Saale fallen ganz leicht, das Drängwasser im Hinterland steigt. Am Wochenende hofft der Landesbetrieb für Hochwasserschutz (LHW), das Lange Siel bei Glinde wieder öffnen zu können.

Barby. Wie Bürgermeister Jens Strube sagte, sei der Einsatz von Hochleistungspumpen auch weiterhin nicht in Sicht. Der Chef der Einheitsgemeinde klammert sich nun an die Vorhersage des LHW, dass das Lange Siel bei Glinde am Wochenende wieder geöffnet werden kann.

"Da wird keiner bevorzugt oder hinten angestellt"

Setzt sich der Fall des Elbepegels wie vorhergesagt fort, könnte das am "Sonnabend oder Sonntag" eintreten. "Dann entwässert die Schüssel, die jetzt voll ist, wieder auf natürliche Weise", so Strube. Der Bürgermeister ließ sich von LHW-Fachleuten davon überzeugen, dass der von allen Seiten geforderte Einsatz von Pumpen "nicht wirklich etwas bringt".

Fachleute halten ihn bei der gewaltigen Wassermenge für wirkungslos. Auch hinter vorgehaltener Hand sieht man nur eine "psychologische Wirkung" in dem Pumpeneinsatz.

Wobei es immer wieder zu nervenzerrenden Szenen kommt. "Besonders die Leute in Tornitz und Werkleitz werfen uns vor, dass wir sie nicht ausreichend schützen würden, weil sie meinen, dass Barby noch trocken ist", sagte Strube. "Die sollten mal kommen und gucken, wie es bei mir aussieht." Damit meinte er sein Wohnhaus, das direkt hinter dem Deich steht und vom Wasser umringt ist.

"Wir sind eine Einheitsgemeinde, da wird keiner bevorzugt oder hinten angestellt", so Jens Strube kategorisch.

Im Vergleichszeitraum von Mittwoch zu Donnerstag 12 Uhr fiel der Elbpegel von 6,52 auf 6,48 Meter. Bei der Saale wurde eine ähnliche Entwicklung verzeichnet. Keine große Entspannung, aber eine Tendenz.

Oben stehendes Foto macht die Wirkung der Barbyer Stadtmauer im aktuellen Hochwasserfall deutlich. Zwar ist das Drängwasser auf den Grundstücken nicht zu vermeiden – die Flut steht aber fast zwei Meter darüber. Dieser Abschnitt am ehemaligen Wachturm "Prinz" gehört zu jenen 1,2 Kilometern Mauer, die nach 2002 umfassend saniert wurden. An dieser Stelle wurde sie vollkommen neu aufgebaut. Man setzte einen Stahlbetonkern, der von außen mit Sandsteinen verblendet wurde.

An Barbys "Kanne" gewährt das schnell schließbare Deichtor einen weiten Blick in die Wasserwüste.

Zur Optimierung des Hochwasserschutzes baute man 2005 Flügeltore ein. Ihre Montage erfolgte an den Deichscharten "Kanne" in der Breite und am Schlosspark. Lippengummis sorgen für eine optimale Dichtung. Droht das Hochwasser in die Stadt einzudringen, brauchen die Tore nur verschlossen zu werden.

Hier wurde die Straße früher mit Balkenlagen und Mistbergen abgedichtet. Eine ebenfalls sehr wirkungsvolle Praxis, die aber zeitaufwändiger ist.

Trotz Verkehrseinschränkungen, Wasser in Kellern und auf Grundstücken finden sich täglich die Schaulustigen ein, um die "Faszination Hochwasser" zu beobachten. Manchmal bilden sich regelrechte Menschentrauben, die die Situation und die Pegelprognosen diskutieren.

Vollkommen gelassen bleibt man in der Barbyer Fährhaussiedlung, die gegenwärtig eine Insel ist. Hier brauchen die Menschen keinen Deichbruch fürchten, weil sie direkt und etwas erhöhnt an der Elbe leben. Nur die Flut 2002 sorgte in drei Häusern für Wasser in der Wohnung. Die aktuellen Pegel blieben rund einen halben Meter unter dem 2002er Wert.