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Doktorandin Stefanie Fabian aus Glinde hält im Landeshauptarchiv einen Vortrag über die historische "Wassernot" Zur Erhaltung brauchbarer Arbeiter

Von Thomas Linßner 15.08.2014, 03:12

Unter dem Titel "Von Überschwemmung und großer Wassernot - Elbehochwasser in historischer Perspektive" hielt die Doktorandin Stefanie Fabian aus Glinde einen interessanten Vortrag im Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt.

Magdeburg/Glinde l Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm: Landwirt Helmut Fabian ist Einer, der jeden Quadratmeter seiner Glinder Heimat kennt, jeden vergessenen Gemarkungsnamen. Einer, der die Geschichten plattgemachter Sommerdeiche erzählen kann, die vor 40 und mehr Jahren der Ackerlandgewinnung geopfert wurden. Helmut Fabian sagt solche Sätze wie diesen: "Früher hatten beim Deichbau die Äcker Priorität, heute die Hauskeller." Der Glinder ist fit, wenn es um Inhalte des Kirchenbuches geht. Darin schrieben Pastoren nicht nur Theologisches auf, sondern hielten auch weltliche Tatsachen fest, die das Volk bewegten.

All diese Dinge - sprechen wir ruhig mal von guten Genen - kommen Helmuts Tochter Stefanie zugute. Sie "macht gerade ihren Doktor", wie man in Glinde sagen würde; Historikerin an der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg für frühe Neuzeit, wie die Richtung offiziell heißt.

Im Landeshauptarchiv hielt die 32-Jährige jetzt einen Vortrag über historische Elbehochwasser. Für jemand, der im Elbe-Saale-Winkel aufwuchs, ein Thema mit Tiefe.

Stefanie Fabian beschrieb anschaulich, wie sehr das Thema die Menschen über Jahrhunderte bewegte, welche Maßnahmen sie ergriffen, um sich davor zu schützen und wie sie im Katastrophenfall reagierten.

Im Mittelpunkt standen die beiden Extrem-Hochwasser der Jahre 1845 und 1876 im Elbe-Saale-Winkel. Wie 2013 war auch damals der Bereich im Zusammenfluss von Elbe und Saale besonders bedroht, mit Auswirkungen bis auf die Stadt Magdeburg. Beim Vergleich wurden erstaunliche Parallelitäten zu Tage befördert: Solidarische Hilfsleistungen Nichtbetroffener und staatlicher Beistand (damals sprach man freilich von "Obrigkeit"). Wobei letztere auch ganz "pragmatische" Motive anführte, wie eine preußische Provinzial-Correspondenz von 1876 beweist: "Da der Wiederaufbau ... von Wohnungen aus Privatmitteln nur allmählich zu erwarten steht, so erscheint es zur baldigen Herbeiführung normaler Wohnungsverhältnisse und im Interesse der Erhaltung brauchbarer Arbeiter für den Salinenbetrieb nothwendig ..., sofort zur Erbauung ... von Wohnungen zu schreiten."

Im Interesse der Erhaltung brauchbarer Arbeiter ...

Es gibt aber noch weitere Vergleiche zu heute: Man braucht(e) größere Geldsummen, um die Flutschäden zu beseitigen. Wenn jetzt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks in Breitenhagen verrät, dass 1,2 Milliarden Euro mehr für den Hochwasserschutz benötigt werden, waren es damals "Geldmittel der französischen Kriegskosten-Entschädigung". (Frankreich musste nach der verlorenen Krieg 5 Milliarden Franc Reparationszahlung leisten.)

Stefanie Fabian fasste zusammen, dass bei Deichbrüchen vergangener Zeiten die Folgen deutlich dramatischer als heute waren. Weil die Äcker nicht genutzt werden konnten, wurde gehungert und belastetes Trinkwasser sowie Tierkadaver führten zu Seuchen.