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Eines von mehreren Prachtstücken der Pömmelter St. Johanniskirche ist ihr Taufstein von 1695 Taufstein-Stifter geben sich lateinisch

Von Thomas Linßner 25.09.2014, 03:09

Die Pömmelter St. Johanniskirche wurde der Mode der Zeit gehorchend im neogotischen Stil erbaut. Die Grundsteinlegung erfolgte im Mai 1871 auf den Grundmauern einer Vorgängerkirche aus dem 16. Jahrhundert. An sie erinnert ein bemerkenswerter Taufstein, der kürzlich restauriert wurde.

Pömmelte l "Die Denkmalschutzbehörde hatte zur Auflage gemacht, dass der Taufstein sein damaliges Aussehen von 1695 wieder haben soll", schreibt Autorin Erika König in "Unsere Kirchenglocke", dem Gemeindebrief für Barby, Glinde, Pömmelte, Tornitz, Werkleitz und Wespen.

Nun erstrahlt dieses Prunkstück mit dem Sternenhimmel in der Apsis um die Wette. Die Grundfarbe des Steines ist Altweiß, Blumenknospen und Ranken sind vergoldet. Gut zu lesen ist jetzt auch wieder die Inschrift, die erhellt, wer die Stifter waren. Wir lesen: "Ano 1695 zur Ehre Gottes haben Mauritius Cüsterius und Ursula Sophia Cüsterius, geborene Flmerin diesen Taufstein setzen lassen.

Vermutlich nahmen sie die Taufe ihres Kindes zum Anlass, den Stein zu spenden. Wer die Beiden waren ist unbekannt. Offenbar handelte es sich um gut betuchte Pömmelter. Der Mode der Zeit gehorchend wurde ihr deutscher Name latinisiert. So wird Mauritius Cüsterius ursprünglich Moritz Küster geheißen haben. Die Latinisierung von Personennamen war vor allem bei Gelehrten des Mittelalters und bei den Humanisten der Renaissance weit verbreitet, deren Sprache das Lateinische war. Da "barbarische", also nichtlateinische Namen in der Diskussion nur umständlich verwendet werden konnten, latinisierte man sie, das heißt, man glich sie ans Lateinische an. Dass es in dem kleinen, ländlich geprägtem Dorf Pömmelte auch Bürger mit latinisiertem Namen gab, macht neugierig.

Und: Man kann davon ausgehen, dass das Wappen auf dem Taufstein zur Familie Cüsterius gehört.

Restauriert wurde auch die Holzabdeckung des Steines. Darauf findet man das Bibelwort "Lasset die Kindlein zu mir kommen".

Harmonium stand einst im Pfarrhaus

Repariert wurde erst vor wenigen Wochen das alte Harmonium, das früher im Pfarrhaus stand. Seitdem die St. Johannisorgel nicht mehr bespielbar ist, umrahmt das Harmonium die Gottesdienste musikalisch. Der Oscherslebener Kantor Werner Jankowski hatte die Kirchengemeinde dazu ermuntert, das Instrument überholen zu lassen. Um Luft zur Tonerzeugung zu komprimieren, muss der Organist mit den Füßen durch wiederholtes Niedertreten zwei nebeneinander liegende Tretschemel betätigen. Ein musikalisches Fitnessprogramm ...

Das Harmonium wird übrigens am 12. Oktober um 17 Uhr wiedereingeweiht. Dann wollen Werner Jankowski und Friedburg Unger (Duo "Doppelt klingt besser") das Instrument dem Publikum vorstellen.

Bauern wollten keinen Kirchenneubau

Die Pömmelter Kirche wurde im Jahre 1871 ohne Einverständnis der Bauern gebaut. Diese wollten die Renovierung der alten baufälligen Kirche und entzweiten sich deswegen mit ihrem damaligen Pastor Grühl. Als bekannt wurde, dass der Kirchenbau vorwiegend mit Staatsgeldern erfolgte, kam es bei der Einweihung zur Versöhnung zwischen dem Pfarrer und seiner Gemeinde. Eine Geschichte, die sich auch in anderen Orten abspielte. So wehrte sich die Brumbyer Dorfgemeinde 1899 vehement gegen den Umbau des schlichten Walmdachturmes, der nun mit Ecktürmchen versehen werden sollte. "Eine Kur nach Doktor Eisenbart", wetterte ein Brumbyer in der Zeitung. Der Turm wurde ersetzt und ist heute die Zierde der Autobahnkirche.

Im Pömmelter Johannisturmeingang befindet sich an der rechten Seite ein Stein, der wie der Taufstein ebenfalls aus der Vorgängerkirche stammt. Seine Inschrift: "Hier ist nichts anderes als Gottes Haus und hier ist die Pforte des Himmels Anno 1590".

Und zu guter Letzt: Das Altarbild wurde im 16. Jahrhundert von Adam Offinger, einem Schüler von Lukas Cranach, gemalt. Es ist ein Ölgemälde auf Holz, übernommen aus der ehemaligen Kirche. Das Bild stellt die Kreuzigung Jesu dar.