Erntekronebinden Ein kleines Volksfest

Wenn die Bierer kommenden Sonntag Erntedank feiern, wird die Erntekrone
die Andreaskirche schmücken. Das Treffen, bei dem sie gebunden wird, ist
ein kleines Volksfest. Wie dieses Wochenende auf dem Hotopp-Hof. Fast
hundert Helfer waren dabei.

Von Daniel Wrüske 29.09.2014, 03:28

Biere l Der Blick in die Scheune der Familie Hotopp gleicht dem in einen Bienenstock. Überall schwirren Helfer herum. In kleinen Gruppen sortieren sie lange Halme vom Boden auf, bündeln Sträuße, schneiden, binden, tragen die kleinen Teile zusammen. Am Ende kommen zwar keine reich gefüllten Waben wie bei den Bienen heraus. Doch ein Schmuckstück ist das Ergebnis des Abends allemal: die Erntekrone für den Bierer Erntedank-Gottesdienst. Am kommenden Wochenende wird das gut 1,50 Meter hohe Zierdestück mit einem Pferdewagen feierlich zur Andreaskirche gebracht und im Gottesdienst aufgehängt.

Bis es soweit ist, ist viel Arbeit nötig gewesen. Arbeit, die sich die Bierer versüßen, weil das Erntekronebinden zum besonderen Ereignis geworden ist. "Das ist ein kleines Volksfest", sagt Christa Hotopp und schaut ganz begeistert durch die Scheune. "Die Menschen kommen zusammen, Jung und Alt, und arbeiten gemeinsam an der Krone, ein echtes Gemeinschaftswerk", freut sich die Landwirtin, die zusammen mit ihrem Mann Jürgen den Hof betreibt. Dass alle mitmachen, passe gut zum Symbol der Erntekrone, meint Christa Hotopp. "Es ist die Ehre für die Ähre", meint die Biererin lächelnd. "Wir haben alle genug, und das muss uns mit Dankbarkeit erfüllen."

"Brote mit Schmalz, Käse und Gurken. Ganz rustikal."

So ist es ganz selbstverständlich, dass die Landwirte gern ihren Hof öffnen, alle zum Binden empfangen. Jährlich wechselt die Gastgeberschaft. Neben den Hotopps sind es Claus-Dieter Vorwig und Frank Freitag, die die bäuerliche Tradition in Biere am Leben erhalten - und wieder mit ins Leben gerufen haben.

Denn die Hotopps kommen aus Niedersachsen. Als sie unmittelbar nach der Wende den Hof übernahmen, kam auch die Idee für die herbstliche Aktion. Von zu Hause kannten sie alles. In Biere fand das Paar schnell Mitstreiter im Kulturverein und bei anderen Landwirten. Die Bevölkerung nahm den Einfall begeistert auf. "Vor allen die Älteren, die die Tradition noch aus ihren Kindertagen kennen, waren richtig gerührt. Sie haben bis heute das Strahlen in den Augen, wenn sie hier sind."

Dass der Abend am Freitag zum Fest wird, dafür sorgen die Hotopps. Mit ganz viel Mühe und mit größter Gastfreundschaft. Die Männer der Familie - in drei Generationen - haben Mitte August den Weizen auf gut 120 Quadratmetern Feld Am Hamster unweit der B 71 gemäht - mit der Sense, nach alter Sitte. "Das war Schweißarbeit", sagt Sohn Jörg Hotopp und deutet die Mühen der Schnitter an. Der Weizen muss flach über dem Boden in eine Richtung geschnitten werden. Dabei müssen die Ähren zusammenbleiben und der Halm ganz. Der Umgang mit dem Arbeitsgerät will geübt sein. "Die Alten können das besser", lächelt der junge Mann.

Vor dem Binden wird der Hof geschmückt. Windlichter weisen den Weg in die Scheune. Drinnen ist nach dem Binden Fest. Die Hotopps bieten Essen und Getränke an - auf eigene Kosten. "Das gehört einfach dazu", sagt Christa Hotopp. "Brote mit Schmalz, Käse und Gurken. Ganz rustikal." Fast hundert Helfer sind dabei. Und wenn sie am kommenden Sonntag in der Kirche Dank sagen für das reiche Segensjahr, können viele auch stolz auf "ihre" Erntekrone blicken. Apropos - wie war denn die Ernte? Christa Hotopp zieht die Stirn hoch und lacht herzlich: "Das Wetter ist immer schlecht. Und wenn es richtig ist, dann stimmen die Preise nicht." Eine echte Bierer Bauernweisheit.