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Nach Sanierung findet Jugendwohnprojekt bei Bewohnern viel mehr Gefallen Haus an der Burg ist aufgehübscht

Von Ulrich Meinhard 17.10.2014, 03:10

Luft, Licht, Laune. Alles das hat sich jetzt verbessert im Haus an der Burg. So nämlich heißt ein Wohnprojekt für Jugendliche unter dem Dach der Diakonie, auf dem Gelände des Burghofes in Schönebeck. Besser gesagt, daran anschließend - wie der Name schon vermuten lässt.

Schönebeck l Knapp 130000 Euro sind in die Komplettsanierung des im Vergleich zu den anderen Burghof-Häusern kleinen Gebäudes geflossen, das auch schon als Verwaltungssitz diente. Handwerker bauten die Elektrik und die Heizung neu ein, ein noch zur kreativer Handarbeit fähiger Tischler in Magdeburg fertigte die Möbel an: Betten und Schränke. Stabil sollten sie sein, müssen sie doch mehr abkönnen als Möbel gemeinhin, denn im Haus an der Burg wechseln öfter die jugendlichen Bewohner, es ist ein Zuhause auf Zeit.

Zum Tag der offenen Tür des Burghofes kürzlich hatten Interessenten die Möglichkeit, das Haus in Augenschein zu nehmen. Von einer sehr gelungenen und von den Familien gut angenommenen Veranstaltung spricht Kati Hellmund, die pädagogische Leiterin der Jugendwohngruppe. Im Haus untergebracht sind junge Menschen, die aus verschiedenen Gründen nicht zu Hause leben können, erklärt sie. Eine Familie ist in der Regel aber vorhanden, und der Kontakt mit ihr werde unterstützt. "Wir wollen niemanden isolieren", sagt Kati Hellmund.

Derzeit kümmert sich ein vierköpfiges pädagogisches Team unter ihrer Leitung um sieben Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren, gegenwärtig fünf Mädchen und zwei Jungen. Das Haus ist mit den Sieben voll ausgebucht. "Manchmal sind unsere Bewohner nur ein halbes Jahr hier, manchmal ein Jahr, manchmal fünf Jahre und länger", erklärt Kati Hellmund. Spätestens mit dem 18. Geburtstag verlässt ein Bewohner das Haus. In der Regel wechselt er in ein von der Diakonie angebotenes betreutes Wohnen, wird also nicht einfach sich selbst überlassen.

Und sogar noch vor diesem Neuanfang hat die Einrichtung einen Zwischenschritt eingebaut. Kati Hellmund spricht von einem Verselbständigungszimmer. Mit diesem Platz ganz für sich allein soll der Prozess des Alleinseins, des Herauslösens aus einer Gruppe, also die Selbständigkeit geübt werden. "So ein Gruppenalltag sieht schließlich ganz anders aus", gibt sie zu bedenken.

Während der knapp dreimonatigen Umbauzeit von April bis Juli waren die Jugendlichen in einem anderen Burghof-Gebäude, dem Haus Mechthild untergebracht. Hier konnte eine ganze Etage genutzt werden, die sonst Gästen der Einrichtung zur Verfügung steht.

Neu im Haus an der Burg ist jetzt ein großes Wohnzimmer im Erdgeschoss, zudem ist die Küche neu gestrichen worden. Aus zwei Doppelzimmern sind dank des Ausbaus im Dachbereich drei geworden, hinzu kommt ein Einzelzimmer, das zumeist dem oder der Gruppenältesten zur Verfügung steht. Derzeit ist das Laura. Die 17-Jährige nimmt sich die Zeit, um die Volksstimme durch die Räume zu führen. Alles wirke jetzt heller, optimistischer und einladender, ist sich die Schülerin mit Kati Hellmund einig. Und ja, sagt Laura, es gefalle ihr besser. "Die Jugendlichen sind viel mehr hier. Und wenn es nur das gemeinsame Sitzen am Tisch ist. Früher hatten sie ständig irgendwelche Verabredungen. Das ist spürbar weniger geworden", ist Kati Hellmund aufgefallen.

Gut kommt bei den jungen Bewohnern an, dass sie die Farbe der Möbel bestimmen und teilweise selbst Hand anlegen konnten. Der Couchtisch im Wohnzimmer zum Beispiel ist aus drei Euro-Paletten als Marke Eigenbau verschraubt und weiß gestrichen worden. Ein solch stabiles Pendant wird sich wohl in keinem Möbelhaus finden. Die pädagogische Mitarbeiterin Luise Wolter spielt an diesem Tisch gerade mit Gina K. "Ego", ein Brettspiel, das die Frage stellt, wer man wirklich sei. Ob das Spiel diese Aufgabe lösen kann, sei dahingestellt. Für Kati Hellmund ist der Ansatz wichtig: Es gehe in der Begleitung der Jugendlichen darum, ihnen Entwicklungsaufgaben aufzuzeigen, ihre Persönlichkeit zu stärken und ihnen lebenspraktische Fähigkeiten zu vermitteln. Dazu gehören ganz alltägliche Dinge, wie das Putzen und Kochen. Arbeiten, die im Haus an der Burg den Jugendlichen keineswegs abgenommen werden. Sie müssen selbst ran. "Wir sind eine Gruppe und als solche eine Familie", zeigt Kati Hellmund den Vergleich auf.

Belegt wird das Haus über das Jugendamt des Salzlandkreises. In der Regel finden hier junge Menschen aus der Region ein zeitweises Zuhause, manchmal werden aber auch Jugendliche aus anderen Bundesländern zugewiesen.

Laura, die Gruppenälteste, wird demnächst ein berufsvorbereitendes Jahr beginnen und das Haus an der Burg dann verlassen. Eigentlich schade, jetzt, wo Luft, Licht und Laune einen Sprung nach oben gemacht haben.