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  7. Bergmanns pflügen wie zu Großvaters Zeit

Wenn Werkleitzer Brüder das Feld bearbeiten, erinnert sich der Philatelist an eine berühmte Briefmarke Bergmanns pflügen wie zu Großvaters Zeit

Von Thomas Linßner 18.11.2014, 02:15

Die Brüder Hartwig (59) und Burghard (56) Bergmann aus Werkleitz gehören zu jenen Hobby-Landwirten, die ihr Feld wie vor 70 Jahren bestellen. Kürzlich erinnerte ihr Pflügen eines Ackers an die Zeit der Bodenreform. Jedenfalls, wie sie auf einer berühmten Briefmarke dargestellt wurde.

Tornitz-Werkleitz l "Bauer mit Pflug" heißen zwei Briefmarken, die im Dezember 1945 im Wert von 6 Pfennig (grün) und 12 Pfennig (rot) erschienen. Eine Nachauflage wurde auf pergamentartigem Papier gedruckt, die wegen ihrer relativ geringen Stückzahl bei Sammlern begehrt ist. Man spricht bei der 1946er Ausgabe auch von "Bodenreform auf Zigarettenpapier". Die Marken zeigen einen pflügenden Bauern, wie er mit seinem Pferd fein säuberlich die Furchen zieht. Im Hintergrund geht in unverkennbarer Symbolik die Sonne auf. Gemeint ist die "neue Zeit". Über allem steht das Wort "Bodenreform". (Wen es interessiert: Dieser Briefmarkenblock wird im Internet für 263 Euro angeboten.)

Vier Besatzungszonen

Zur Erinnerung: Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Mai 1945 wurde der Rest des Deutschen Reiches in vier Besatzungszonen eingeteilt und einem Alliierten Kontrollrat unterstellt.

Groß-Berlin wurde ausgeklammert und unter eine eigene Viermächte-Verwaltung gestellt. In der gesamten sowjetischen Zone bestand bereits ab August 1945 wieder ein eingeschränkter Postverkehr. Eine zentrale Postverwaltung gab es zunächst noch nicht. Jede Oberpostdirektion organisierte die Wiederaufnahme des Postdienstes einschließlich der Ausgabe von Marken selbstständig, jedoch gemäß den Anweisungen der sowjetischen Militäradministration.

Die Markenausgaben der einzelnen Oberpostdirektionen bilden heute einen Teil des Sammelgebietes "Sowjetische Besatzungszone".

Erst ab Februar 1946 wurden nach einem Kontrollratsbeschluss für alle Zonen gemeinsame Briefmarken eingeführt (Sammelgebiet "Alliierte Besetzung Gemeinschaftsausgaben").

Was davor erschien, wie die Marke auf Zigarettenpapier, ist also begehrtes Sammelgut.

Alle Großgrundbesitzer, die mehr als 100 Hektar Land besaßen, wurden nach dem Krieg entschädigungslos enteignet. Sie mussten nicht nur ihr Land, sondern ihren gesamten Besitz abgeben, also ihre Häuser genauso wie ihre Möbel und Kleidung.

Außerdem wurden sie aus ihren Heimatkreisen ausgewiesen. Einige von ihnen wurden nicht nur enteignet, sondern auch gefangengenommen und in "Speziallagern" inhaftiert.

Einscharpflug in Werkleitz

Wenn die Brüder Hartwig und Burghard Bergmann in diesen Tagen ihre Pferde Moritz und Prinz anspannen, sieht es ein bisschen so aus, als hätten sie dem Briefmarkenkünstler von damals Modell gestanden. Auch 69 Jahre nach Erscheinen dieser berühmten Briefmarke hat sich am Prinzip der Bodenbearbeitung nichts geändert. Der Einscharpflug der Werkleitzer stammt vermutlich aus den 1930er Jahren. Er hat eine sogenannte Vorderkarre, die das Führen erleichtert. Die Bergmänner wissen genau, wie man sie einstellt, damit der Schar butterweich und maximal 18 Zentimeter tief seine Furchen zieht.

Wer auf diese urväterliche Weise seine Scholle bearbeitet, spricht auch noch in alten Maßeinheiten. "Der Acker ist einen viertel Morgen groß", verrät Hartwig Bergmann. Ein Hektar (10 000 Quadratmeter) hat vier Morgen. Um ihn zu pflügen brauchten sie eineinhalb Stunden. Nach dem Kartoffelanbau in diesem Jahr folgen 2015 Rüben. Damit die Fruchtfolge eingehalten wird.

Aber das wäre schon wieder eine andere Geschichte, die sich kaum von Briefmarken ableiten lässt ...