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Sanierung nach Hochwasser Wie definiert man "unbürokratisch"?

Wie ist der Stand der Hochwassersanierung? Wann wird ein Dorfgemeinschaftshaus, wann das neue Feuerwehrgerätehaus gebaut? Diese Fragen kamen bei einer Bürgerversammlung im Breitenhagener Jugendklub zur Sprache. Große Neuigkeiten wurden dort allerdings nicht verkündet.

Von Thomas Linßner 02.12.2014, 02:11

Breitenhagen l Bevor die Breitenhagener mit ihren Dauerbrennern zu Wort kamen, legten die befristet eingestellten Bauingenieure der Einheitsgemeinde, Kerstin Drescher und Sebastian Schneider, die Ergebnisse ihrer bisherigen Tätigkeit vor.

53 Prozent aller Maßnahmen zur Hochwasserschadensbeseitigung in Breitenhagen betreffen (kommunale) Gebäude, Straßen und Wege, je 22 Prozent den Ringdeich und Landwirtschaftswege sowie vier Prozent den Sportplatz.

Insgesamt stellte die Stadt 240 Anträge beim Landesverwaltungsamt, der Investitionsbank und dem Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung. Rund ein Viertel betreffen davon Breitenhagen.

87 Prozent aller Maßnahmen der Einheitsgemeinde wurden beantragt, acht Prozent bisher vom jeweiligen Fördermittelgeber ausgereicht.

In Sachen Sanierung der Trauerhalle auf dem Friedhof zeichne sich ein Silberstreif am Horizont ab. In der "50 KW", also der kommenden Woche, soll dort endlich weiter gebaut werden.

So weit, so gut. Oder auch nicht.

Über der gesamten Bürgerversammlung schwebte ein Versprechen von Politikern, das sie während der Flut machten: Es wird "schnell und unbürokratisch" gehandelt. Die Leute aus dem Deichbruchdorf gelangten in den vergangenen Monaten aber zu der Erkenntnis, dass "schnell und unbürokratisch" eine reine Definitionssache ist.

Wann wird das Dorfgemeinschaftshaus gebaut? Kommt es überhaupt? Wann das neue Feuerwehrdepot? Oder findet nur eine Sanierung statt.

Oder der Kinderspielplatz? Kopfschütteln darüber, dass seine Existenz beim Fördermittelgeber haarklein nachgewiesen werden musste. Wochenlang kramte man nach alten Fotos, die das Vorhandensein der Spielgeräte zeigten. Die Flut hatte sie weg gerissen.

All diese Probleme hörte sich Theo Struhkamp, zuständig für die Flutentschädigungen bei der Staatskanzlei Sachsen-Anhalt, geduldig an. Mehr als einmal versicherte er, für die Situation der Breitenhagener Verständnis zu haben. Gleichzeitig aber stellt er klar, dass öffentliche Mittel nur bei akkurater Nachweisführung ausgereicht werden. "Das würden Sie auch so machen, wenn Sie verantwortlich wären", unterstrich er. Er verwies auf die ungeheure Flut von Anträgen, die bearbeitet werden müssten. Es seien mehr als 10000. Trotz zusätzlich eingestellter Bearbeiter dauere es eben seine Zeit.

Aussagen, die die Breitenhagener hinnehmen mussten, ob sie wollten oder nicht.

Dennoch machte Ortswehrleiter Gerit List das Unbehagen seiner Mitbürger an einem Beispiel fest: Es sei unglaublich, wie mit dem "Fall Feuerwehrgerätehaus" umgegangen werde. Zu einem Kabinettstückchen sei es geworden, als im Sommer der erste Spatenstich des Innenministers öffentlich angekündigt, dann einen Tag zuvor wieder abgeblasen wurde, weil die Gutachten nicht komplett waren. Die Breitenhagener Kameraden mussten aus einem Übergangsquartier raus, weil es dort schimmelte. Im provisorisch hergestellten Flut-Depot sei es nicht viel anders. In den Nebenräumen zieren schwarze Schimmelflecken die Wände.

Bei all dem stellte Gerit List die Kardinalfrage: Warum setzt das Land keine Prioritäten? Eine funktionierende Feuerwehr sei doch nun mal wichtiger als Spielplätze.

Theo Struhkamp versprach, zumindest bei dieser "verkorksten Sache" Druck zu machen. Der Priorität wegen. Er wolle eine E-Mail an die zuständige Stelle senden.

Gerit List bat um eine Kopie dieser Mail.
"Sie trauen mir wohl nicht?", hob Theo Struhkamp die Augenbrauen.
Die Antwort des Ortswehrleiters: Schulterzucken ...